Alte Bekannte in neuem Licht
Viele finden Marienkäfer niedlich; Wespen, Taufliegen und Stechmücken lästig; Spinnen und Kakerlaken eklig und Glühwürmchen faszinierend. Doch abgesehen davon, dass wir ihren Namen kennen, wissen wir in aller Regel nicht viel über sie. Dieses Buch möchte das ändern. Es stellt die »unbekannten Mitbewohner« genauer vor: Tiere, die in unserer unmittelbaren Umgebung leben und uns vermeintlich geläufig sind. »Man muss keine Weltreise unternehmen, um spektakuläre Tiere zu beobachten«, meinen die Autorinnen Ruthild Kropp und Carina Heberer im Hinblick auf sie.
Kropp und Heberer, beide Biologinnen, porträtieren insgesamt 28 solcher »Nachbarn« zwecks besseren Kennenlernens. Dazu gehören Fliegen, Wespen und Silberfischchen ebenso wie Tauben, Ameisen und Nacktschnecken. Die Autorinnen wissen viel Spannendes über sie zu berichten. So stellen sie Stubenfliegen (Musca domestica) als echte Akrobaten vor, die »Loopings und enge Kurven fliegen, Haken schlagen und sich senkrecht in die Tiefe fallen lassen«. Von Tauben (Columbidae) wiederum berichten sie, dass diese ihre Küken »stillen« – selbstverständlich nicht so wie Säugetiere. Vielmehr bildet sich während der Brutzeit eine weißliche Masse im Kropf der Eltern, die so genannte Kropfmilch, die die Jungen saugen. Und Deutsche sowie Gemeine Wespen (Vespula germanica und V. vulgaris) stellen aus zerkauten Holzfasern eine Art Papier her, aus dem sie ihre Nester fertigen – was den Natur- und Materialforscher René Antoine Ferchault de Réaumur (1683-1757) auf die Idee brachte, Papier aus Holz herzustellen statt, wie bis dahin üblich, aus Lumpen.
Kein Witz: Der Würchwitzer Milbenkäse
Von Hausstaubmilben hat wahrscheinlich jeder schon gehört, aber wussten Sie, dass mithilfe von Käsemilben (Tyrolichus casei) der Würchwitzer Milbenkäse reift? Kellerasseln und Regenwürmer sind ausgesprochen nützliche Tiere, da sie die perfekten Humusbildner darstellen. Ohrwürmer nutzen auch, und zwar ihrem Nachwuchs; bei manchen geht die »Mutterliebe« so weit, dass das Weibchen bei ihren Kindern (den »Nymphen«) stirbt, um von ihnen gefressen zu werden. Und die vermeintlich niedlichen Marienkäfer sind eigentlich Kannibalen, denn sie fressen Artgenossen, deren Larven und Eier; die Larven verspeisen ihre Geschwister manchmal sogar noch im Ei!
Das Buch ist mit Schwarzweißzeichnungen und -fotos illustriert und in drei Kapitel unterteilt: »Zimmergenossen«, »Untermieter« und »Nachbarn«. Auch wenn sich darunter eher unangenehme Zeitgenossen wie Kopflaus, Zecke und Kakerlake finden, gehören sie alle zu unserem Leben dazu – meinen jedenfalls die Autorinnen. So oder so vermittelt die Lektüre des Buchs viel Wissen über diese Tiere und macht deutlich, dass es lohnt, sich mit ihnen näher zu beschäftigen. Kropp und Heberer erzählen einerseits nette Anekdoten, vermitteln andererseits aber auch artbeschreibende Informationen, wenngleich nicht so detailliert wie aus Bestimmungsbüchern gewohnt. Ein oder zwei Infokästen pro Tierart runden die einzelnen Porträts ab. Das leicht zu lesende Buch ist für interessierte Laien geeignet.
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