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Gottes Wort oder Weltliteratur?

Die Bibel gilt als Grundlage der westlichen Kultur. Auf ihre Schriften berufen sich seriöse Kirchenvertreter ebenso wie wirre Weltuntergangspropheten. Der Wissenschaftsjournalist Martin Urban räumt in seiner ausführlichen Darstellung der biblischen Bücher und ihrer Wirkungsgeschichte mit zahlreichen Vorurteilen auf. Er bietet zugleich zuverlässige und interessante Informationen aus der aktuellen Bibelwissenschaft und Archäologie.

Nacheinander werden die einzelnen Schriften des Alten und Neuen Testaments vorgestellt und vor dem Hintergrund ihrer Entstehungszeit kritisch beleuchtet. Zur Sprache kommen dabei zum Beispiel die Mythen der biblischen Urgeschichte und die Bedeutung der Erzeltern- Erzählungen als fiktive Ursprungsgeschichten Israels. Man erfährt, dass Jericho zur Zeit der Landnahme überhaupt nicht besiedelt war und dass auch die biblische Beschreibung der mächtigen Königreiche Davids und Salomos stark übertrieben ist. Tatsächlich waren die beiden Herrscher kaum mehr als ambitionierte Provinzfürsten. Die Prophetenbücher sind in Wahrheit über mehrere Generationen hinweg gewachsene Texte, und das Hohelied Salomos war ursprünglich eine Sammlung erotischer Hochzeitslieder. Nur sieben Briefe im Neuen Testament wurden tatsächlich vom Apostel Paulus selbst verfasst, der Schluss des Markusevangeliums erst von einem späteren Abschreiber hinzugefügt, und die Johannesapokalypse ist ein Trostbuch für verfolgte Christen – kein Fahrplan für jene, die sich auf den Weltuntergang vorbereiten wollen. Behandelt werden die Entstehung des biblischen Kanons als Resultat spätantiker Kirchenpolitik, die Rolle der Bibel als Argumentationsbasis für Kirchenlehrer und Ketzer von der Antike bis zur Gegenwart und schließlich die ganze Bandbreite ihrer heutigen Auslegung zwischen aufgeklärter Wissenschaft und unreflektiertem Fundamentalismus.

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  • Quellen
epoc 2/2010

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