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Himmelsphänomene: Brockengeister, Halos und Polarlichter

Polarlicht über dem Yukon in Kanada

Brockengeister, Halos oder grüne Strahlen – das Licht bringt in der Atmosphäre bisweilen die exotischsten optischen Effekte hervor (Archiv).

7. Das Brockengespenst |

»Nebel, Nebel, weißer Hauch, walle über Baum und Strauch!«, lautet es in einem alten Volkslied – und wäre Nebel nicht schon gespenstisch genug, kann es auf Bergen wie dem Brocken im Harz auch noch zu einer besonderen optischen Erscheinung kommen: dem schwebenden Brockengespenst, das 1780 erstmals vom Theologen und Naturforscher Johann Silberschlag beschrieben wurde. Diese riesenhafte Gestalt tritt auf, wenn die Sonne einen Menschen auf dem Gipfel oder Berggrat von hinten bescheint, während sich unterhalb eine Nebeldecke ausbreitet. Dann fällt der Schatten nicht auf eine feste Fläche, sondern auf unzählige Wassertröpfchen. Wie bei einer Kinoleinwand wird der entfernte Schatten vergrößert, zugleich bewegt er sich mit den Nebelschwaden – beim Betrachter entsteht das dreidimensionale Bild eines wackelnden Riesen. Verstärkt wird der Gänsehauteffekt oft durch eine Glorie: eine farbige, ringförmige Leuchterscheinung, die sich um den Kopf des Gespenstes entwickelt, wenn die Tröpfchen das Sonnenlicht reflektieren und beugen – es bildet sich ein kreisrunder Regenbogen.

6. Der Mehrfachregenbogen |

Regenbogen sind sicherlich die bekanntesten Leuchterscheinungen am Himmel, doch bergen auch sie noch Überraschungen. Denn sie können auch als Doppel-, Dreifach- oder, im extrem seltenen Fall, sogar als Vierfachregenbögen auftauchen. Im einfachen Fall beleuchtet die Sonne eine Regenwand, so dass sich der Sonne gegenüber die farbigen Streifen bilden: Das einfallende Licht wird von den kugelförmigen Tropfen beim Ein- und Austritt gebrochen, in deren Innerem reflektiert und in seine Spektralfarben zerlegt. Ein kleiner Teil des Lichts verlässt den Tropfen allerdings erst nach zweimaliger Reflexion, so dass oberhalb des Hauptbogens ein zweiter, schwächerer Nebenbogen auftritt, dessen Farbreihenfolge sich zudem umkehrt. Dieser verliert noch an weiterer Leuchtstärke, weil es sich dabei um Licht handelt, das sehr flach in die Tropfen ein- und austritt – er ist also nur bei günstigen Lichtverhältnissen sichtbar. Das gilt erst recht für Dreifach- und weitere Mehrfachbögen, die immer lichtschwächer werden, so dass bislang maximal Vierfachbögen fotografisch dokumentiert werden konnten.

5. Der Sonnenhalo |

Manchmal bildet sich um die Sonne ein strahlender Leuchtkreis, der so genannte Halo. Solche Phänomene entstehen, wenn in acht bis zehn Kilometer Höhe Eiskristalle langsam und gleichförmig wachsen, beispielsweise in Zirruswolken – das geschieht jedoch meist bloß, wenn sich die Luft nur langsam mit Wasserdampf sättigt. Dann brechen und reflektieren diese wohlgeformten Kristalle das ausgestrahlte Licht, wobei sich ein Ring ausbildet. Wie beim Regenbogen ist dieser oft farbig, doch können auch farblose Halos auftreten, wenn sich das Licht an den Flächen gleichartig orientierter Eiskristalle spiegelt. Und häufig ist der Ring auch unterbrochen, weil die ursächlichen Eiskristalle nicht homogen über den Himmel verteilt sind. Man spricht dann von Halostreifen oder -flecken.

4. Korona und Aureole |

Der Hof und die Kränze der Sonne oder des Mondes – so werden die Korona und Aureolen der beiden Himmelskörper gern genannt, denn diese Leuchterscheinungen können Tag wie Nacht deutlich beobachtet werden, sofern sich dünne Wolken über den Himmel schieben oder ausreichend Wasserdampf vorhanden ist. Im Gegensatz zu einem Halo bricht sich das Licht jedoch nicht an den Tröpfchen oder Eiskristallen, sondern wird von diesen nur gebeugt, so dass eine Art weiße Scheibe entsteht: die Korona (nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen Erscheinung, die man bei einer totalen Sonnenfinsternis von der Erde aus sehen kann). Erst an deren Rändern treten schließlich farbige Ringe auf, die Aureolen, die meist gelb und rot sind. Am besten beobachten lassen sie sich bei Vollmond, da die helle Sonne ihre Aureolen meist ohnehin überstrahlt. Außerdem besteht nachts keine Gefahr von Augenschäden, wie sie beim Blick direkt in die Sonne drohen.

3. Leuchtende Nachtwolken | Um sie zu sehen, braucht man sehr viel Glück. Selbst Forscher wie Matthew DeLand vom Goddard Space Flight Center der NASA, der die so genannten Leuchtenden Nachtwolken seit mehr als einem Jahrzehnt erforscht, erblickte sie erst ein einziges Mal in seinem Leben. Diese schimmernden Gebilde entstehen in der Atmosphäre in Höhen von über 80 Kilometern – weit jenseits der normalen Wolken, die sich in der Troposphäre bis maximal 13 Kilometer oberhalb der Erdoberfläche bilden. Fallen dort oben die Temperaturen auf weniger als minus 130 Grad Celsius, gefriert der in geringen Mengen vorhandene Wasserdampf zu eisigen Wolken. Wegen ihrer extremen Höhe können deren Eiskristalle allerdings selbst dann noch das Licht der Sonne reflektieren, wenn diese schon lange hinter dem Horizont verschwunden ist und der Himmel sich verdunkelt. In Mitteleuropa treten sie zumeist im Juni und Juli auf, und der glückliche Beobachter kann sie sehen, wenn er in der Dämmerung nach Norden schaut.
2. Das Polarlicht |

Zum Zauber des Nordens zählen auf alle Fälle die Polarlichter, auch Aurora borealis genannt (auf der Südhalbkugel Aurora australis): In leuchtend grünen, manchmal auch roten und in seltenen Fällen violetten bis blauen Bändern ziehen sie über den Himmel. Physikalisch verbirgt sich dahinter das Einprasseln geladener Teilchen aus dem Sonnenwind auf die Erdatmosphäre, wo sie Sauerstoff- und Stickstoffatome anregen und deren Elektronen kurzzeitig auf ein höheres Energieniveau jagen. Sobald diese wieder in den Grundzustand zurückfallen, strahlen sie Licht aus. Sauerstoffatome setzen dabei grünes und rotes Licht frei, Stickstoff violettes und blaues. Letzteres geschieht jedoch nur sehr selten bei sehr starken Sonnenwinden. Dann lassen sie sich bisweilen auch in gemäßigten Breiten beobachten, wo rote Polarlichter dominieren: Da der Sonnenwind nicht besonders tief in die Atmosphäre eindringt, kann er lediglich Sauerstoffatome in 20 Kilometern Höhe anregen – die nur im roten Wellenlängenbereich emittieren.

1. Der grüne Blitz |

Leider können wir den grünen Blitz heute wegen der Luftverschmutzung nicht mehr überall beobachten, sondern müssen uns dazu auf die hohe See, in Wüsten oder menschenleere Gebirge zurückziehen und bis zum Sonnenuntergang warten. Wenn unser Zentralgestirn am Horizont versinkt, wird ihr Licht durch die Lufthülle am stärksten gebrochen. Diese Refraktion spaltet das Licht mit zunehmender Stärke in die drei Farben Rot, Grün und Blau auf, die einen Rand an der Oberseite des Sterns bilden. Zuerst geht die »rote« Sonne unter, während der grüne und blaue Rand noch für sehr kurze Zeit über dem Horizont liegen. Da die Atmosphäre das blaue Licht so stark abschwächt und streut, bleibt es quasi unsichtbar und erscheint nur bei extrem klaren Bedingungen. Das grüne Licht kann unser Auge allerdings noch wahrnehmen – als kurzen, meist nur wenige Sekunden andauernden grünen Blitz.

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