Direkt zum Inhalt

Hochtechnologische Otto- und Dieselmotoren und die Konkurrenz alternativer Antriebe

Für die Fahrzeugindustrie ist Umweltverträglichkeit zu einem marktbestimmenden Faktor geworden. Die Entwicklungsrichtung wird mit von der Verkehrspolitik bestimmt|; aber herkömmliche Antriebe – vor allem mittels Elektronik verbessert – werden vorerst dominieren.

Während in den Ländern Mitteleuropas mit strenger Umweltgesetzgebung – also in Österreich, der Schweiz und der Bundesrepublik – die Schadstoffbelastung der Luft durch Industrie, Energieerzeugung und Haushalte rückläufig ist, nahmen die Emissionen des motorisierten Verkehrs auch dort weiterhin zu. An Stickoxiden beispielsweise waren es 1980 in Westdeutschland 1,37 Millionen, 1990 hingegen 1,68 Millionen Tonnen; in derselben Zeit sank der jährliche Ausstoß der anderen Bereiche von 1,63 Millionen auf 1,02 Millionen Tonnen. Beim Kohlendioxid war es im Straßenverkehr ein Plus von 27, in den anderen Bereichen ein Minus von 14 Prozent.

Hohe Schadstoffkonzentrationen in Bodennähe verursachen in Ballungsgebieten sowohl Sommer- als auch Winter-Smog; insbesondere das häufige Überschreiten der zulässigen Grenzwerte für Ozon ist alarmierend. Auch an der mutmaßlichen Verstärkung des atmosphärischen Treibhauseffekts sind die Straßenfahrzeuge maßgeblich beteiligt.

Trend zu High-Tech-Motoren für Benzin und Dieselöl

Die Einführung des geregelten Drei-Wege-Katalysators verminderte die Schadstoff-Emissionen aus Benzinmotoren bereits erheblich. Zur Reduktion des Kraftstoffverbrauchs bieten vorhandene und zu erwartende Techniken aber noch ein großes Potential.

Dieselmotoren sind schon heute relativ sparsam. Durch Umstellen von Kammer- auf Direkteinspritzmotoren, insbesondere bei Personenwagen, lassen sich allerdings nur noch etwa 15 Prozent gewinnen. Größer ist beim Dieselmotor das Potential für Emissionsminderung.

Die Optimierung des Verbrauchs beim Benzin- wie der Emissionswerte beim Dieselaggregat wird unter anderem durch verfeinertes elektronisches Motoren-Management möglich, so durch Antiklopfregelungen, kennfeldgeregelte Zündung und Gemischaufbereitung (das heißt elektronisch gesteuerte Wahl von Zündzeitpunkt und Zusammensetzung des Kraftstoff-Luft-Gemischs) sowie variable Steuerzeiten und variablen Ventilhub. Beim Benzinmotor sollte sich dadurch der Verbrauch um mehr als 5 Prozent senken lassen; auch die Emissionen würden weiter reduziert.

Beim Kammer-Dieselmotor dürfte sich der Ausstoß von Kohlenmonoxid, Kohlenwasserstoffen, Stickoxiden und Partikeln durch optimiertes Einspritzen, Oxidationskatalysatoren, die Vier-Ventil-Technik, Aufladung mit Ladeluftkühlung und elektronisch geregelte Abgasrückführung halbieren, wobei auch der Verbrauch noch etwas günstiger würde. Die konventionellen Antriebe werden also zu komplexen High-Tech-Maschinen weiterentwickelt.

In Nutzfahrzeugen mit mehr als 3,5 Tonnen Gesamtgewicht und in Omnibussen arbeiten bereits heute vorwiegend Dieselmotoren mit Direkteinspritzung, die sehr günstige Verbrauchswerte haben. Die weitere Entwicklung soll die Aggregate vor allem leiser machen und die Emissionen reduzieren. Kritisch sind dabei insbesondere die Partikel (50 bis 70 Prozent Ruß, 20 bis 40 Prozent Kohlenwasserstoffe, 10 Prozent Sulfate) und Stickoxide. Durch bessere Zerstäubung des Kraftstoffs bei höheren Einspritzdrücken sowie Optimierung der Geometrie der Einspritzdüsen läßt sich der Partikelausstoß um 25 Prozent verringern; gleichzeitig sinkt der Verbrauch. Weil dabei aber die Stickoxid-Emissionen zunehmen können (nur der Kohlendioxid-Ausstoß nimmt mit sinkendem Verbrauch zwangsläufig ab), muß man nach Kompromissen suchen. Im innerstädtischen Verkehr läßt sich mit Rußfiltern die Partikel-Emission weiter mindern. Sie sind jedoch wegen der erforderlichen Regenerierung weitaus komplizierter gebaut und damit aufwendiger als Oxidationskatalysatoren. Deren Wirkung hängt wiederum vom Schwefelanteil des Dieselkraftstoffs ab: Liegt er unter 0,05 Prozent, reduzieren Oxidationskatalysatoren den Partikelausstoß um maximal 30 Prozent, den von Kohlenmonoxid um bis zu 50 und den von Kohlenwasserstoffen gar um bis zu 70 Prozent. Die heute üblichen Dieselkraftstoffe enthalten aber rund 0,2 Prozent Schwefel. Die Partikel-Emissionen würden bei Einsatz von Oxidationskatalysatoren deshalb drastisch zunehmen, weil das sonst gasförmig entweichende Schwefeldioxid zu schwerem, auskondensierendem Schwefeltrioxid und zu Sulfaten oxidiert würde. Erst mit der geplanten Einführung von schwefelarmen Dieselkraftstoffen im Raum der Europäischen Gemeinschaft werden sich Oxidationskatalysatoren auch bei Nutzfahrzeugen im Fernverkehr durchsetzen.

Alternative Kraftstoffe und Antriebe

Motoren für Methanol (Bilder 1 und 2), Ethanol, Autogas (ein Gemisch aus Propan und Butan zu etwa gleichen Teilen), Erdgas und Rapsölmethylester sind bereits serientauglich. Dagegen sind Fahrzeuge mit Wasserstoffmotoren technisch noch nicht ausgereift; die Probleme mit Kraftstoffspeicherung, Motoren- und Betankungstechnik könnten aber mit beharrlicher Entwicklungsarbeit bis etwa zum Jahre 2010 gelöst werden.

Im Verhältnis zu gasförmigem Wasserstoff im Drucktank (bei etwa 300 bar) oder im Metallhydridspeicher hat flüssiger Wasserstoff im Tieftemperaturtank (bei –253 Grad Celsius und etwa 4 bar) eine weit höhere Energiedichte. Problematisch ist dann jedoch insbesondere die Isolierung; jegliche Wärmezufuhr läßt etwas Wasserstoff verdampfen, so daß sich ein Überdruck aufbaut.Erreicht dieser eine bestimmte Höhe, muß das Gas durch ein Ventil entweichen (wodurch sich der Tank eines abgestellten Fahrzeugs in zwei Monaten leeren kann).

Auch das Betanken ist wegen enormer Sicherheitsvorkehrungen sehr aufwendig, zumal die Leitungen erst mit flüssigem Helium gespült und gekühlt werden müssen. Derzeit dauert eine solche Prozedur noch etwa eine Stunde, nach der Entwicklung automatischer Einrichtungen vielleicht fünf bis zehn Minuten. Probleme beim Motorbetrieb wie Rückzündungen im Ansaugrohr und die Bildung von Stickoxiden beim Verbrennen des Wasserstoff-Luft-Gemisches lassen sich durch aufgeladene Magermotoren zwar vermeiden, doch muß man dann eine gegenüber dem Benzinmotor erheblich geringere Leistungsdichte hinnehmen. Wasserstoffmotoren wären deshalb großvolumig und damit relativ schwer.

Der batteriegespeiste Elektroantrieb wiederum eignet sich grundsätzlich nur für kleine Personenkraftwagen sowie leichte Nutzfahrzeuge und Kleinbusse mit Nutzlasten bis zu einer Tonne (Bild 3), da sonst das Batteriegewicht überproportional anwächst. So wiegen die Bleibatterien eines „MB 100E“ von Mercedes Benz, der 600 Kilogramm Nutzlast bei einer Reichweite von rund 60 Kilometern transportieren kann, 930 Kilogramm, diejenigen eines im Feldversuch erprobten Elektrobusses von MAN (etwa 7600 Kilogramm Nutzlast und 80 Kilometer Reichweite) 6000 Kilogramm. Wesentlicher Entwicklungsbedarf besteht noch, um die Verluste beim Aufladen der Batterie (derzeit bis zu einem Drittel der Netzenergie) zu verringern sowie die Abhängigkeit des spezifischen Energieverbrauchs von der Tagesfahrleistung (bei kurzen Fahrten kann er das Optimum um mehr als 50 Prozent übertreffen). Auch die Zuverlässigkeit der Elektrofahrzeuge muß erst diejenige herkömmlicher Automobile erreichen.

Hochenergiebatterien wie die Natrium-Schwefel- und die Natrium-Nickel-Chlorid-Systeme haben mit rund 100 Wattstunden je Kilogramm etwa die vierfache Energiedichte der herkömmlichen Blei-Gel-Batterie; obendrein haben sie den Vorteil, daß mit zunehmender Entladung die Leistungsfähigkeit nicht abnimmt. Dem steht als Nachteil die hohe Betriebstemperatur gegenüber; sie liegt je nach System zwischen 250 und 370 Grad Celsius. Energieverluste treten hier allein schon durch die Heizung auf, die auch erforderlich bleibt, wenn das Fahrzeug abgestellt ist. Beim heutigen Stand der Batterietechnik und ihrer Kosten wird man serienmäßige Elektrofahrzeuge in den nächsten drei bis fünf Jahren noch fast ausschließlich mit Bleibatterien bestücken. Damit sich dann schon Hochenergiebatterien etwa vom Natrium-Schwefel-Typ durchsetzen können, müßte es gelingen, sie kostengünstiger zu produzieren.

Vergleich der Umweltverträglichkeit

Unsere umfangreichen Berechnungen kompletter Energie- und Emissionsketten haben ergeben, daß Benzin und Dieselkraftstoff aus Rohöl einen insgesamt ausgewogenen Kompromiß in bezug auf Verbrauch und die Luftschadstoffe Kohlenmonoxid, Kohlenwasserstoffe, Stickoxide und Partikel sowie Kohlendioxid bieten (Bild 5).

Setzt man den Energiebedarf eines Personenwagens mit Ottomotor einschließlich Herstellung und Verteilung des Benzins gleich 100, liegt der entsprechende Verbrauchswert eines vergleichbaren mit Dieselmotor bei 80 bis 90 und eines solchen mit Methanolantrieb bei 120 sowie der von erdgas- und autogasgetriebenen Fahrzeugen jeweils bei 90 Prozent; flüssiger Wasserstoff ist mit einem relativen Verbrauchswert von 150 bis 200 Prozent am ungünstigsten. Der Elektroantrieb mittels Bleibatterie liegt mit 110 Prozent (bei 20 Kilometer Tagesfahrleistung) immer noch über dem Wert konventioneller Automobile.

Mit Elektroautos und Fahrzeugen, die mit alternativen Kraftstoffen betrieben werden, lassen sich unter bestimmten Einsatzbedingungen lokale Umweltbelastungen verringern. Die Partikel- und Stickoxid-Emissionen von Linienbussen wären durch Austausch der üblichen Dieselmotoren gegen Erdgas- oder Autogasmotoren mit geregeltem Drei-Wege-Katalysator sogar fast gänzlich zu eliminieren. Unter den alternativen Kraftstoffen sind Erd- und Autogas aufgrund niedriger Kohlendioxid-Emissionen und Ozonbildungsraten sowie geringen Gesamtenergieverbrauchs am günstigsten.

Den spezifischen Vorteilen jedes alternativen Kraftstoffs steht jedoch jeweils mindestens ein gravierender Nachteil gegenüber. Bei Methanol sind es beispielsweise erhöhte Formaldehyd-Emissionen, bei Erdgas die Freisetzung von Methan und bei Wasserstoff der hohe Verbrauch bei Berücksichtigung der gesamten Energiekette. Zudem besteht noch erhebliche Unsicherheit darüber, wie sich verschiedene Abgaskomponenten alternativer Kraftstoffe auf Mensch und Umwelt auswirken; entsprechende Forschung müßte die Weiterentwicklung der Motoren begleiten.

Wegen ihrer eingeschränkten Reichweite kommen alternativ angetriebene Fahrzeuge fast nur für den Nahverkehr in Frage. Dabei allerdings könnten sich gerade ihre möglichen ökologischen Vorteile realisieren.

Elektrofahrzeuge sind unwirtschaftlich und haben, was sowohl Aktionsradius als auch Nutzlast und Fahrleistungen anbetrifft, geringen Gebrauchswert. Da Privatpersonen in der Regel auf öffentliche Verkehrsmittel ausweichen können, sind die Marktchancen im privaten Sektor gering. Im gewerblichen Bereich wird sich Nachfrage dort ergeben, wo Fahrverbote für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren zu gewärtigen sind.

Erdgas- und Autogasantriebe werden vorwiegend in Stadtbussen und kommunalen Nutzfahrzeugen zum Einsatz kommen, wenn die Infrastruktur dafür geschaffen ist. Nur in Ländern mit einem nahezu flächendeckenden Netz von Gastankstellen – wie in Italien – werden sich auch Privatpersonen dafür entscheiden; solche Automobile haben dort schon jetzt relativ hohe Marktanteile. Ansonsten wird sich der Einsatz von Personenwagen mit Gasmotor auf Flotten etwa von Behörden und einzelnen Firmen beschränken.

Der künftige Marktanteil der alternativen Antriebe hängt freilich stark von den gesetzlichen Rahmenbedingungen ab. Damit etwa Gasantriebe sich weiter verbreiten, müßten die entsprechenden Kraftstoffe von der Steuer befreit werden. Solche Kostenvorteile hatten zur Folge, daß in Italien bereits rund 220000 Fahrzeuge mit Erdgasmotor und in den Niederlanden gar 700000 mit Autogasmotor zugelassen sind.

Wir haben zwei Szenarien verglichen. In dem einen reagiert die Politik auf die Entwicklung der Nachfrage im Verkehrsbereich, wobei sie Umweltentlastungen durch wirtschaftliche Anreize anstrebt, beispielsweise die Kraftfahrzeugsteuern nach dem Verbrauch und den Emissionen bemißt; im anderen agiert sie regelnd mit konkreten Zielsetzungen, indem sie beispielsweise die Innenstädte für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor sperrt. Dabei zeigte sich, daß im ersten Fall die alternativen Antriebe insgesamt nicht einmal halb so hohe Marktanteile erreichen wie im zweiten.

Doch in beiden Szenarien bleiben auch in absehbarer Zukunft Automobile mit Benzin- und Dieselmotor dominierend: Noch im Jahre 2010 würde demnach ihr Anteil an den Neuzulassungen in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien deutlich mehr als 90 Prozent betragen (Bild 4). Allerdings würden relativ mehr Personenkraftwagen und leichte Nutzfahrzeuge mit Dieselmotor ausgestattet sein.


Aus: Spektrum der Wissenschaft 4 / 1993, Seite 102
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

Kennen Sie schon …

Spektrum - Die Woche – Strom speichern mit Eisen, Natrium und Schwerkraft

Diesmal werfen wir einen Blick in die Zukunft: auf die Speicherung von Strom. Welche Technik kommt als Lösung für dieses Schlüsselproblem der Energiewende in Frage? Und wir werfen einen Blick zurückWas haben wir gelernt aus gut zwei Jahren Pandemie? Wir haben sechs Fachleute um Einschätzung gebeten.

Spektrum Kompakt – Elektromobilität - Mit Strom von A nach B

Für Fahrräder sind sie längst ein Erfolg, aber auch bei Autos behaupten sich Elektroantriebe immer mehr als umweltfreundliche Alternative. Was leisten Elektrofahrzeuge inzwischen, wie sieht die Ökobilanz aus, wo gibt es noch Schwierigkeiten? Und wären E-Laster auch eine Option für den Güterverkehr?

Spektrum - Die Woche – Ist die dunkle Materie eine Supraflüssigkeit?

In dieser Ausgabe widmen wir uns Wasserstoffautos, der Dunklen Materie und Schule.

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.