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Wetter: Frühling schon im Februar

Der Winter ist noch nicht zu Ende, da könnte es schon ungewöhnlich warm werden für Februar. Und das vielleicht für längere Zeit.
Krokusse blühen im Sonnenschein

Es ist noch nicht lange her, da ließ eine satte Nordströmung die Alpen unter einer dicken Schneehaube verschwinden. In Österreich und in Oberbayern fiel so viel Schnee wie seit vielen Jahren nicht mehr, während sich das Flachland mit Graupelschauern und Schneematsch begnügen musste. Nun ist der Kernwinter fast am Ende, aber eine richtige Kälteperiode mit Schnee und Eis wollte sich in den Niederungen bislang nicht einstellen. Kommt da noch was?

Vorerst nicht. Stattdessen kündigt sich in den kommenden Tagen eine Warmphase an. »Es wird ungewöhnlich warm für die Jahreszeit«, sagt Martin Jonas vom Deutschen Wetterdienst in Offenbach. Der Grund ist das kräftige Hochdruckgebiet »Dorit«, das sich in dieser Woche über Mitteleuropa ausbreitet. Von Frankreich zieht es über Deutschland nach Ungarn und löst eine südwestliche Strömung über weiten Teilen Europas aus. Zum Wochenende wird es dadurch fast frühlingshaft warm. Im Westen und Südwesten werden voraussichtlich 15 Grad Celsius erreicht, prophezeit Martin Jonas. Im Windschatten der Gebirge vielleicht sogar noch ein paar Grad mehr.

Die Wetterlage, die sich hinter diesem frühen Frühling verbirgt, bezeichnen Meteorologen als Omegalage. Sie heißt so, weil die Anordnung der Druckgebiete dem griechischen Buchstaben ähnelt: mit einem Hoch in der Mitte, flankiert von zwei Tiefs. Eine Omegalage gilt als sehr beständig, sie blockiert die feuchten Westwinde vom Atlantik und sorgt in der Regel für viel Sonnenschein und wenig Wind. Und so wird es auch in dieser Woche kommen: Der halbe Kontinent gerät unter eine Wärmeblase, in einem großen Streifen von Ostengland bis ins Baltikum wird es außergewöhnlich mild. Verbreitet wird es dadurch um zehn Grad wärmer als normal, teilweise liegen die Abweichungen sogar bei mehr als 15 Grad Celsius. Oder anders formuliert: Es wird Frühling im Februar.

Gekommen, um zu bleiben?

Eine frühe Wärmeperiode kommt von Jahr zu Jahr vor, sie ist nicht so selten, wie man annehmen könnte. Mitte Februar steht die Sonne schon hoch genug, um die Luft tagsüber kräftig zu erwärmen. Außergewöhnlich ist in diesem Jahr allenfalls die Ausdehnung und Intensität der Wärme, sofern die Höchstwerte am Wochenende und danach tatsächlich Wirklichkeit werden. Denn wie lange der frühe Frühling anhält, ist noch unsicher. Icon, das hauseigene Modell des Deutschen Wetterdienstes, rechnet jedenfalls eine längere Phase. »Bis weit in die kommende Woche hinein bleibt das Hoch demnach bestehen«, sagt Meteorologe Martin Jonas, ohne allerdings zu verschweigen, dass die Konkurrenzmodelle durchaus kühlere Varianten berechnen, vor allem für den Osten und Südosten. Erfahrungsgemäß lässt sich ein so kräftiges Hoch aber nicht so leicht vertreiben.

Von einer längeren Dauer der vorfrühlingshaften Periode geht auch das Langfristmodell des europäischen Wetterdiensts EZMWF aus. Demnach bleibt es voraussichtlich bis Monatsende überdurchschnittlich mild und trocken, eine Rückkehr des Winters ist vorerst eher unwahrscheinlich. Ob das Frühjahr ähnlich warm und trocken ausfällt, weiß heute allerdings noch niemand.

Die bevorstehende Wärmeperiode ist aber noch aus einem anderen Grund ungewöhnlich: Eigentlich hatten Atmosphärenforscher mit einem eher unterkühlten Februar gerechnet, weil sich Anfang Januar die Stratosphäre plötzlich erwärmte. Dieses Wetterphänomen tritt etwa alle zwei Jahre auf; in diesem Jahr fiel es in rund 36 Kilometer Höhe besonders stark aus. Solche »Major Warmings« schwächen die Westwinde in der Atmosphäre, mitunter führen sie zu einem kompletten Zusammenbruch der Zirkulation – und Kältevorstöße auf der Nordhalbkugel werden wahrscheinlicher.

In diesem Jahr blieb ein heftiger Wintereinbruch in Europa jedoch aus. Die »sibirische Kälte«, die Ende Januar schon in zahlreichen Beiträgen herbeigeschrieben wurde, blieb aus. Bloß warum? »Die einfache Antwort ist, dass die Troposphäre nicht immer empfänglich ist für Signale aus der Stratosphäre«, sagt die Atmosphärenforscherin Daniela Domeisen von der ETH Zürich. Die Stratosphäre, das zweite Stockwerk der irdischen Lufthülle, habe zwar auch in diesem Winter ein starkes Signal zur Verfügung gestellt, aber die Troposphäre, unsere Wetterschicht, habe es nicht so aufgenommen wie im vergangenen Jahr.

Domeisen meint damit jene Kälteperiode vor einem Jahr, die in Großbritannien als »Beast from the East« Schlagzeilen schrieb. Damals, am Ende des meteorologischen Winters 2017/18, brach im Februar die Westströmung komplett zusammen, nachdem sich wenige Wochen zuvor eine plötzliche Stratosphärenerwärmung ereignet hatte. Damit war der Weg frei für grimmige Kälte aus Nordosten. In Deutschland begann zu jener Zeit ein stark unterkühlter Abschnitt, der bis April anhielt. Der Frühling erwachte erst nach Ostern und ging direkt in den Sommer über.

In diesem Winter nun ist das Signal aus der Stratosphäre bislang nicht ganz unten angekommen. Vor allem im Norden und am Rhein ist die kalte Jahreszeit bislang deutlich zu mild ausgefallen, der aktuelle Wärmeschub wird die Abweichung sogar noch erhöhen. »Abschreiben würde ich den Winter allerdings noch nicht«, sagt Daniela Domeisen. Das Signal aus der Stratosphäre sei zwar schwächer geworden, aber immer noch da. Außerdem gehören Kälterückschläge zum typischen Wetter in Mitteleuropa. Trotzdem spricht nichts dagegen, den zarten Frühling erst einmal zu genießen.

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