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News: Botanisches Wasserwerk

Ein unscheinbares Wildkraut ist schon seit Jahren in den Laboren der Pflanzengenetiker heimisch. Ihre steile Karriere als Modellorganismus verdankt die Ackerschmalwand ihrer Anspruchslosigkeit, einer einfachen Handhabung und ihrer in fünf Chromosomen verpackten Erbinformation. Zuletzt machte sie als erste Pflanze Schlagzeilen, deren komplette Bauanleitung entziffert war. Nun erregt sie erneut Aufsehen, weil Forscher bei ihr ein Gen zur Regulierung des Wasserhaushaltes identifizierten.
Regelmäßig verstreut befinden sich auf der Blattunterseite meist kleine, bohnenförmige Zellen, die sich öffnen und schließen können und den Pflanzen somit als "Atmungsorgane" dienen. Über diese winzigen Löcher, die so genannten Spaltöffnungen oder Stomata, tauscht der pflanzliche Organismus mit seiner Außenwelt Gase aus, gleichzeitig verliert er jedoch unwiederbringlich Wasser. Da diese Flüssigkeit auch für Pflanzen ein wichtiges Lebenselexier darstellt, müssen sie mit dem kostbaren Gut vorsichtig haushalten und können ihre Stomata nicht tagein und tagaus sperrangelweit öffnen.

Für alle Pflanzen ist deshalb ein fein abgestimmtes Regelwerk lebensnotwendig, das einerseits die Versorgung mit Kohlendioxid für die Photosynthese gewährleistet und andererseits einem zu starken Wasserverlust entgegenwirkt. In diesen Mechanismus greift auch das Pflanzenhormon Abscisinsäure kontrollierend ein, indem es den Schließzellen über eine Volumenveränderung den Befehl zum Spaltenverschluss erteilt.

Doch bei der Regulation des pflanzlichen Wasserhaushaltes spielt ein weiterer Faktor eine bedeutende Rolle, wie Alan Jones und seinen Kollegen von der University of North Carolina und der Pennsylvania State University nun an dem pflanzlichen Modellorganismus schlechthin herausfanden. Dazu schalteten sie ein Gen der Ackerschmalwand Arabidopsis thaliana aus, das – wie die Forscher annahmen – für ein wichtiges Molekül namens G-Protein kodiert. G-Proteine fungieren als "Ein-und-Aus-Schalter": Von verschiedenen Signalen gesteuert, beispielsweise durch Licht oder Hormone wie Abscisinsäure, regulieren sie die pflanzliche Entwicklung.

Und die Vermutung der Wissenschaftler bestätigte sich: Die mutierten Pflanzen zeigten keine typische Antwort auf die Abscisinsäure-Regulation der Schließzellen. In Folge verhinderte der pflanzliche Botenstoff nicht länger die Öffnung der Stomata, und der Wasserverlust war somit wesentlich höher als bei ihren normalen Artgenossen: Die behandelten Pflanzen welkten dadurch leichter. Demnach reguliert das eliminierte Gen den Wasserhaushalt der Ackerschmalwand.

Dieses Ergebnis könnte Wissenschaftlern als Ausgangspunkt für weitergehende Untersuchungen über umweltbedingte Antworten und die Signalweiterleitung in Pflanzen dienen. Da Hong Ma von der Pennsylvania State University bereits G-Protein-Komponenten in Getreide- und Tomatenpflanzen identifiziert hat, könnten derartige Forschungen interessante Anwendungsmöglichkeiten eröffnen. "Wir können nicht mit Gewissheit sagen, ob G-Proteine in landwirtschaftlichen Nutzpflanzen genauso wirken wie in Arabidopsis, doch es ist eine prüfbare und vernünftige Hypothese", hebt Assmann aus dem Forscherteam hervor.

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