Direkt zum Inhalt

Olfaktorische Signale: Der Geruch von Krankheit

Mäuse können kranke und gesunde Artgenossen am Geruch auseinanderhalten. Sie nutzen dazu dieselben Neuro-Schaltkreise wie bei der Partnerwahl oder der Reviermarkierung.
Maus

Für Menschen verrät sich die Gesundheit eines anderen Menschen primär meist nicht über den Geruch: Verschnupfte erkennen wir eher am lauten Schnäuzen, Husten und Niesen, ernsthaft Kranke vielleicht an ihrer fiebrigen oder blassen Hautfarbe oder einem stumpfen Blick. Bei Mäusen und anderen Tieren mit ausgeprägtem Geruchssinn gehört es dagegen zum evolutionären Repertoire von Schutzmechanismen, kranke Artgenossen mit der Nase zu entdecken. Welche Neuro-Schaltkreise daran beteiligt sind, haben nun Wissenschaftler der Universität Genf untersucht.

Die Forscher um Ivan Rodriguez begannen ihre Arbeit zunächst mit einigen Verhaltensexperimenten. Eine gesunde, wache Maus wurde mit einer schlafenden Maus konfrontiert, die entweder mit einem Hepatitisvirus infiziert (richtig krank), mit einem Bakterientoxin behandelt (künstlich hervorgerufene Immunreaktion, aber nicht krank) oder gesund war. "Es ist wichtig, dass die 'Stimulus-Maus' schläft, damit nur olfaktorische Reize abgegeben werden, nicht dass die gesunden am Verhalten ihrer Artgenossen die Krankheit erkennen können", sagt Rodriguez. Die wachen Versuchstiere verbrachten messbar weniger Zeit sowohl mit hepatitisinfizierten als auch mit pseudoerkrankten Individuen als mit gesunden.

Ein Organ, das Krankheiten riecht

Auf der Suche nach dem Organ, das den Krankheitsdunst erkennt, begannen die Schweizer Forscher bei dem für sie offensichtlichen: dem so genannten Jacobson- oder Vomeronasalen Organ, einem Teil des Geruchsapparats. Beim Menschen bildet es sich schon vor der Geburt sehr stark zurück. Aber Tieren wie Mäusen dient es unter anderem dazu,

territoriale Markierungen oder potenzielle Sexualpartner zu erkennen: ein Pheromon-Detektor. Und tatsächlich, als die Forscher das Jacobson-Organ sowohl genetisch als auch operativ außer Gefecht setzten, verschwand die Fähigkeit, kranke Artgenossen zu erschnüffeln.

Es ist nicht klar, was für Moleküle das Jacobson-Organ der Mäuse in diesem Fall detektiert. Es könnte sich beispielsweise um Abfallprodukte der Pathogene selbst handeln. "Wahrscheinlicher sind aber solche der körpereigenen Immunreaktion", so Rodriguez. Dann wäre der Geruch auch unabhängig von der Art der Viren oder Bakterien, mit denen sich ein Tier angesteckt hat. Bisher haben die Forscher durch weitere Verhaltensexperimente herausgefunden, dass der Urin einer kranken Maus allein gewisse Vermeidungsreaktionen auslöst. Aber möglicherweise befinde sich die Information auch im Schweiß der Nager, meinen die Forscher: "Das untersuchen wir gerade."

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

  • Quellen
Current Biology 25, S. 1–5, 2015.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.