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Vulkanausbruch auf Hawaii: Der Kilauea rutscht ins Meer

Der aktuelle Ausbruch des Kilauea ließ ein mehrere Kilometer breites Stück der Vulkanflanke abrutschen. Das Ereignis ist Vorbote zukünftiger Katastrophen.
Blick auf den Gipfelkrater des Kilauea mit Lavasee, im Hintergrund Wolken.

Neben den spektakulären Lavafontänen, die buchstäblich in den Vorgärten der Leilani Estates aufsteigen, ist ein anderes ungewöhnliches Ereignis beinahe untergegangen. Am 4. Mai 2018 traf das schwerste Erdbeben seit mehr als 40 Jahren die Südseite der Insel. Ursache der heftigen Erschütterung – mit einer Magnitude von 6,9 mehr als zehnmal stärker als das tödliche Beben von L’Aquila im Jahr 2009 – ist der langsame Kollaps der Vulkaninsel. Die Flanke des Kilauea rutscht ins Meer.

Dieser schleichende, erbarmungslose Verfall ist Folge und Kehrseite jener vulkanischen Prozesse, die gerade Straßen und Gebäude mit heißer Lava fluten. Die Gesteinsschmelze aus der kilometergroßen Magmakammer unter dem Vulkan drängt an die Oberfläche und lässt die Insel kontinuierlich emporwachsen. Messungen zeigen, dass allein der Kilauea bei einem typischen Ausbruch mehr als fünf Tonnen Gestein pro Sekunde ausstößt.

© Byron Matthews
Ausbrüche auf Hawaii

Vulkaninseln sind instabile Geröllhaufen

Nach und nach stapeln sich die Schlacken und Lavaströme tausende Meter in die Höhe zu gewaltigen Vulkanbauten. Der Kilauea ist streng genommen bloß ein Seitenanbau des höchsten Berges der Erde – von dem die große Insel Hawaiis ebenfalls nur die Gipfelzone ist. Vom Meeresboden bis zum Gipfel des Mauna Kea misst der gesamte Schildvulkan mehr als zehn Kilometer.

Doch die losen Trümmer, die aus den Spalten der Leilani Estates bröckeln, können das Gewicht des Berges nicht auf Dauer tragen. Sie sacken langsam unter ihrem eigenen Gewicht zusammen wie ein zu nasser Sandkuchen. Der Kilauea selbst bewegt sich unter seinem eigenen Gewicht nach Süden. Nach Norden kann er nicht, da stößt er an den größeren Mauna Loa.

Teile der Berge können sich aber auch auf eigene Faust auf die Reise machen, und das nimmt dann dramatische Ausmaße an. Sonaraufnahmen der untermeerischen Hänge rund um die Inselgruppe zeigen gigantische Erdrutsche, die bis zu zehn Kilometer große Gesteinsblöcke tausende Meter unter den Meeresspiegel trugen. Bis zu 300 Meter hoch reichten die Tsunamis, die bei solchen Rutschungen entstanden. Solche Ereignisse sind keineswegs selten: Mehr als 70 derartiger Mega-Erdrutsche fanden in den letzten 20 Millionen Jahren in Hawaii statt.

Der halbe Vulkan rutscht ins Meer

Das Erdbeben vom 4. Mai ist eine Momentaufnahme dieser Prozesse und zeigt, wie eng solche Bewegungen mit der magmatischen Aktivität nahe der Oberfläche verbunden ist. Schwärme kleiner Beben zeichnen nach, wie das unterirdisch fließende Magma ab dem 1. Mai die Verwerfung an der Südostseite der Riftzone unter Spannung setzte. Im Süden reichen sie weit ins Meer hinaus und zeichnen jenen Krustenblock nach, der sich bei dem Beben vom 4. Mai in Bewegung versetzte.

Dann kam das schwere Erdbeben, nur wenige Kilometer südlich vom Magmagang – und der 20 Kilometer breite Gesteinsblock rutschte bis zu 2,5 Meter Richtung Ozean. Auf diese Weise gleitet nach und nach die gesamte Südflanke des Kilauea nach Süden, wie seismische Messungen zeigten. GPS-Daten deuten darauf hin, dass sogar der weit größere Mauna Loa sich durch das Erdbeben bewegte – einige Zentimeter nur, aber immerhin. Die frischen Gesteine der Leilani Estates allerdings haben noch eine dramatischere Reise vor sich.

Irgendwann nämlich, da sind Fachleute sicher, werden solche Ausbrüche die Südflanke des Kilauea so hoch aufgetürmt haben, dass ein großer Teil des Berges in einem untermeerischen Erdrutsch ins Meer gleitet und ein weiteres gigantisches Trümmerfeld in der Tiefsee bildet.

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