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Tumormedizin: Doppelschlag gegen schwer behandelbare Hirntumore

Einige besondere Hirntumore sind mit Bestrahlung nur schwer zu stoppen. Tumormediziner vermuten nun: Solche Tumoren schützen sich mit hyperaktiven Reparaturtrupps.
DNA-Reparatur und Gliom

Unter allen Krebserkrankungen sind Hirntumore bei Erwachsenen eher selten, sie sind für Patienten und Medizin aber eine besondere Herausforderung. Verantwortlich sind bei dieser Krebsart besonders oft entartete Gliazellen des Hirns – es entstehen Gliome, die vor allem durch Bestrahlungen oder Operationen bekämpft werden können. Einige Sonderfälle unter den Gliomen – sie tragen eine typische Mutation im Enzym IDH1R132H – stehen dabei für die Tumormedizin wegen ihrer zwiespältigen Natur besonders im Fokus: Sie sind einerseits sehr widerstandsfähig gegenüber Strahlung; andererseits aber überleben Patienten mit diesen Tumoren ihre Erkrankung in Durchschnitt länger als Erkrankte mit anderen Gliomen. Ein Team von Forscherinnen um Maria Castro von der University of Michigan hat diese Tumortypen nun erneut genauer unter die Lupe genommen – und stellt im Fachblatt »Science Translational Medicine« eine Möglichkeit vor, sie in Zukunft vielleicht besser behandeln zu können.

Die Forscherinnen hatten die Besonderheiten von IDH1R132H-Gliomen zunächst in Mäusen untersucht. Bekannt war bereits, dass diese Tumoren stets dann besonders gefährlich werden, sobald sich zwei weitere Mutationen einschleichen, die die beiden zelleigenen Tumorsupressorgene TP53 and ATRX ausschalten. Castros Team bemerkte nun, dass die Kombination der drei Mutationen einen unerwarteten Effekt in betroffenen Zellen hat: Sie kurbelt die so genannten DNA-Schadensantwort drastisch an, die verschiedene Schutzfunktionen der Zelle einleitet und auch die Aktivität von allerlei DNA-Reparaturmechanismen in den Gliomen verstärkt in Gang setzt. Dies sorgt unter anderem dafür, dass die Gliome weniger anfällig gegenüber Strahlung sind: Die hierdurch entstehenden Schäden werden oft rasch wieder ausgebessert.

Dies bestätigte sich in einem weiteren Experiment des Teams, bei dem es mit zwei bestimmten Wirkstoffen die DNA-Reparatur in den Tumormäusen zusätzlich ausschaltete: Die Gliome in diesen Mäusen waren nun viel empfindlicher gegen eine Strahlentherapie. Zudem kann die in den Gliomen angekurbelte Reparatur offenbar auch überwältigt werden: Wenn die Mäuse zusätzlich zu einer Strahlentherapie noch das DNA-schädigende Krebsmedikament Temozolomid verabreicht bekommen, so sterben auch die gut verteidigten Gliome schnell, fanden die Forscherinnen heraus.

Eine Therapie von Patienten mit dem typisch mutierten Gliom sollte in der Zukunft daher im noch besser aufeinander abgestimmten Einsatz verschiedener Antikrebswaffen bestehen, so der Vorschlag. Der DNA-Reparatur-Blocker Temozolomid ist bereits als Medikament zugelassen und wird gegen Gliome eingesetzt – meist nach einer Operation, die möglichst viele Krebszellen entfernt, und einer darauf folgenden Bestrahlung. Bisher sind aber noch kaum Wirkstoffe im Einsatz, mit denen gezielt gegen die hochgekurbelte DNA-Reparatur der Gliome vorgegangen wird. Solche Medikamente und ihr genau getimter Einsatz im Rahmen mehrerer Behandlungsschritte soll nun in klinischen Studien getestet werden, berichten Castro und Co von ihrer nächsten Etappe zur Bekämpfung der Hirntumore.

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