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Kulturvergleich: Familiengespräche am Esstisch

Eine Feldstudie auf drei Kontinenten zeigt: Bei gemeinsamen Mahlzeiten folgen die Gespräche zwischen Eltern und Kleinkindern bestimmten Regeln. Zwischen Stadt und Land gibt es allerdings Unterschiede.
Mutter, Vater und Kleinkind lachen gemeinsam am Frühstückstisch
Gemeinsame Mahlzeiten sind für viele Familien ein schönes Ritual. (Symbolbild)

Wie unterhalten sich Eltern und Kind beim gemeinsamen Essen? Das hat eine internationale Forschungsgruppe in Deutschland und vier weiteren Ländern untersucht. Ergebnis: Die Gespräche am Esstisch folgen einem gemeinsamen, »kindzentrierten Muster«. Doch es gibt auch Unterschiede zwischen den Kulturen, wie die Gruppe um Manuel Bohn von der Leuphana Universität in Lüneburg in der Zeitschrift »Developmental Psychology« berichtet.

Für die Studie hatten sich rund 100 Eltern mit Kleinkind bereit erklärt, eine gemeinsame Mahlzeit auf Video aufzunehmen – in Münster (Westfalen), Kyoto (Japan), Buenos Aires (Argentinien) sowie in ländlichen Regionen von Brasilien und Ecuador. Zentrale Erkenntnis: Die meisten Unterschiede gab es zwischen Stadt und Land. Die Familien in verschiedenen Städten unterschieden sich nicht stärker als die Familien in derselben Stadt.

Kulturübergreifend fanden die Forschenden eine starke Orientierung am Kind. Typischerweise trieben die Mütter die Unterhaltung an, und die Kinder wurden am meisten angesprochen, der Vater am seltensten. Mutter und Kind sprachen entsprechend am häufigsten miteinander. Wenn mehr Fragen gestellt wurden, beteiligten sich auch mehr Personen am Gespräch und es gab mehr Beiträge zu einem Thema. Am meisten gesprochen wurde in Buenos Aires, am meisten geschwiegen in den ländlichen Gegenden von Brasilien und Ecuador.

»Gemeinsame Mahlzeiten sind soziale Ereignisse, die durch kulturelle Normen, Werte und Überzeugungen geprägt und strukturiert sind und diese auch vermitteln«, erklären die Forschenden. In Argentinien und Deutschland etwa sei das Essen ein Anlass, sich auszutauschen; dagegen sei es bei den Indigenen in Ecuador eher üblich, still zu essen. In Japan komme beides vor, je nach Familie.

Die Gesprächsthemen wurden nicht systematisch ausgewertet. »Das häufigste Thema ist das Essen selbst«, berichtet der Psychologe Manuel Bohn auf Nachfrage. »Oft erklären die Eltern dem Kind kulturell relevante Dinge und Konventionen in Bezug auf das Essen, nach dem Motto: So macht man das.« Die übrigen Gespräche drehten sich zumeist um die Ereignisse des Tages.

Kinder lernen Sprache vor allem aus der Kommunikation mit Bezugspersonen. Erleichtert wird ihnen das, wenn das sprachliche Pingpong vorhersagbar ist. Weil Gespräche bei Tisch oft ähnlich ablaufen, bieten sie eine gute Gelegenheit zum Lernen und Üben.

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