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News: Geschlossene Gesellschaft

Im Kampf gegen das ungehemmte Wachstum von Tumorzellen schickt der Organismus normalerweise einen mächtigen Krieger ins Feld: den Tumorsupressor p53. Er stoppt dann den Zellzyklus der betroffenen Zelle oder treibt sie in den gerichteten Selbstmord. Doch erst bei verschlossener Tür kann p53 diese Aufgabe ordnungsgemäß erledigen. Denn durch Anhängen einer Phosphatgruppe kommt der sonst stattfindende Export des Proteins aus dem Zellkern ins Cytoplasma zum Erliegen, das Protein reichert sich im Kern an und beginnt seine mörderische Arbeit. Fehlt die Phosphorylierung, wächst der Tumor dagegen ungebremst weiter.
Erst mit einer großen Palette an Reparatur- und Kontrollmechanismen kann ein Organismus die permanenten Fehler bei Verdopplung seiner Erbinformation und Zellteilung überhaupt in den Griff bekommen. Beschädigte Zellen würden sich sonst anhäufen und letztendlich den Untergang bedeuten. Doch die Evolution hat hiergegen so raffinierte Systeme wie das Tumorsupressor-Protein p53 hervorgebracht. Dass dieser Faktor für eine geregelte Zellteilung unerlässlich ist, zeigt sein Mangel sehr eindrucksvoll: Bei mindestens fünfzig Prozent aller Tumoren ist seine Funktion eingeschränkt oder das Protein nur mangelhaft vorhanden.

Das Geheimnis seiner Arbeitsweise haben nun Wissenschaftler des Lineberger Comprehensive Cancer Center der University of North Carolina dem Protein entrissen. Das Team um Yue Xiong entdeckte im Protein eine Aminosäuresequenz, die für den erfolgreichen Exportstopp aus dem Zellkern essentiell ist. Eine gesunde Zelle hat keinen Bedarf an dem Faktor im Zellkern. Im Gegenteil – sie könnte gar nicht richtig wachsen. Also wird er permanent durch die Kernporen ins Cytoplasma geschleust und hier abgebaut. Treten aber Fehler in der Erbinformation auf – Mutationen oder falsch ausgeführte Verdopplungen – ändert sich die Situation. P53 wird nun dringend im Zellkern benötigt, damit er den Zellzyklus stoppt oder die Zelle in den gerichteten Zelltod, die Apoptose, treibt.

Um den Export zu stoppen, hängt ein spezielles Enzym eine Phosphatgruppe an die neu entdeckte Aminosäuresequenz. Statt wie gehabt nach außen transportiert und abgebaut zu werden, sammelt sich p53 daraufhin im Zellkern an und stoppt das Wachstum der entarteten Zelle. Dies ist das erste Beispiel, in dem der Proteintransport eines Kernfaktors über seine Phosphorylierung geregelt wird. Gelänge es den Forschern, mit einem speziellen Enzym den Transport ins Cytoplasma zu stoppen, könnte p53 auch in Tumorzellen seine Funktion ausführen. "Wir könnten die Verbindung Patienten verabreichen ,um p53 aufzuwecken oder seinen Abbau zu verhindern", sagte Xiong. Eine verlockende Aussicht, das ungehemmte Wachstum von Tumorzellen kontrollieren zu können.

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  • Quellen
Science 292(5523) (2001)

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