Direkt zum Inhalt

News: Gruppenanschluss trotz Übergewicht

Sehr schwere Elemente sind häufig Außenseiter und verhalten sich anders als ihre Gruppengenossen. Doch wie steht es mit Hassium, dem bislang schwersten Element, das chemisch untersucht wurde?
Hassium
Bis 1940 galt Uran als das schwerste chemische Element. Doch seither haben Forscher in aller Welt über 20, zum Teil nur künstlich herstellbare Elemente entdeckt. Die Reihe reicht von Neptunium – mit der Ordnungszahl 93 – bis hin zu Element 114, das zur Zeit noch die vorübergehende IUPAC-Bezeichnung Uuq trägt. (Die Elemente 116 und 118 mussten vor kurzem wieder aus dem Periodensystem gestrichen werden, nachdem sich ihre vermeintliche Entdeckung als Fälschung entpuppte.)

Das radioaktive Hassium (lateinisch für Hessen) mit der Ordnungszahl 108 entdeckten Forscher im hessischen Darmstadt – daher der Name – bereits im Jahr 1984. Doch erst jetzt, viele Jahre später, konnten sie es auch chemisch untersuchen. Der erstmalige Nachweis seiner besonderen chemischen Eigenschaften gelang einer internationalen Forschergruppe um Christoph Düllmann vom Paul Scherrer Institut im schweizerischen Villigen.

Dazu schoss im Hauptexperiment der leistungsstarke Beschleuniger der Gesellschaft für Schwerionenforschung in Darmstadt Magnesium-26-Ionen auf ein Target aus hoch radioaktivem Curium-248, wodurch in einer Verschmelzungsreaktion (Fusion) Hassium-Atome entstanden. Lediglich sieben Atome, die noch dazu instabil waren und nach wenigen Sekunden durch Aussenden von Alphastrahlung in Atome tieferer Ordnungszahlen zerfielen, standen den Wissenschaftlern zur Verfügung.

In einem ausgeklügelten Verfahren ließen sie die einzelnen Hassium-Atome schnell mit Sauerstoff reagieren und schleusten sie durch 24 Siliciumdetektoren. Damit sich die wenigen flüchtigen Reaktionsprodukte auf einer der hauchdünnen Schichten in einem Detektor absetzten und einen messbaren Strompuls auslösten, mussten tiefe Temperaturen herrschen – zwischen minus 20 und minus 170 Grad Celsius. Um die Bildung einer Eisschicht auf den Detektoren zu vermeiden, wurde die ganze Anlage hermetisch abgedichtet und vor dem Experiment mit trockenem Stickstoffgas durchspült.

Bei ihren Untersuchungen konnten die Wissenschaftler zeigen, dass sich das schwere Hassium mit Sauerstoff zu einem flüchtigen Gas verbindet: dem Hassiumtetraoxid. Mit dieser Eigenschaft ähnelt das Metall den leichteren Elementen Osmium und Ruthenium. Diese chemisch verbündeten Metalle sind in der achten Gruppe des Periodensystems angesiedelt und gehen Sauerstoffverbindungen ein, die mit höherer Ordnungszahl des Elements immer flüchtiger werden.

Auch Hassium gehört dieser Gruppe an – steht also im Periodensystem unter Osmium und Ruthenium. Deshalb ist sein ähnliches Verhalten zunächst einmal nicht verwunderlich, denn die meisten Elemente zeigen Zugehörigkeit zu ihrer Gruppe durch charakteristisches chemisches Verhalten – dessen tiefere Ursache in der gleichen Konfiguration der Valenzelektronen begründet liegt. Doch bei den schweren Elementen sieht die Welt mitunter etwas anders aus: So sorgen relativistische Effekte bei den Transactiniden 104 und 105 tatsächlich für andere chemische Eigenschaften. Die Elemente 106 und 107 verhielten sich jedoch wiederum so, wie es sich für ihre jeweilige Gruppe gehört. Mit dem Element 108 beweist nun auch das bislang schwerste Element seine chemische Gruppenzugehörigkeit.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.