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News: Hilfspersonal im Vogelnest

Die Brutpärchen des Seychellen-Rohrsängers müssen sich nicht allein um die bettelnde Schar ihres Nachwuchses kümmern - Vogelweibchen niedrigeren Ranges kommen ihnen anscheinend selbstlos zu Hilfe. Doch diese knüpfen ihre Fürsorgedienste an bestimmte Rahmenbedingungen.
Bei der Aufzucht der Jungen arbeiten Seychellen-Rohrsänger (Acrocephalus sechellensis) Hand in Hand: Nicht nur das Elternpaar schafft eifrig Futter herbei, um den unersättlichen Hunger der Küken zu stillen. Häufig sind auch rangniedrigere Weibchen als Nahrungslieferanten im Einsatz und versorgen den unselbstständigen Nachwuchs. Doch diese Hilfeleistung im Tierreich findet offenbar nur unter bestimmten Voraussetzungen statt, wie David Richardson von der University of Lund in Schweden und seine Kollegen herausfanden.

Die Wissenschaftler untersuchten die Pflegedienste von 21 beringten, untergebenen Rohrsänger-Weibchen, indem sie die Anzahl der Fütterungen pro Stunde aufzeichneten. Zudem bestimmten sie die Abstammung und die Verwandtschaftsverhältnisse, da Weibchen dieser Vogelart oftmals fremdgehen. Für diese Tests setzten die Forscher so genannte Mikrosatelliten ein – bestimmte DNA-Abschnitte mit sich wiederholenden Basenpaaren, die bei verschiedenen Individuen unterschiedlich lang sind und weitervererbt werden. Helferinnen, die eigene Nachkommen in dem unterstützten Nest besaßen, berücksichtigten die Wissenschaftler nicht.

Wie die Auswertung der Daten ergab, beeinflussen enge Familienbande zu den Nestinsassen das Fütterungsverhalten von rangniedrigen Weibchen: Jene Rohrsänger-Ammen griffen nur aktiv in die Aufzucht der Kinder ein, wenn die Eltern der neuen Jungvögel einst auch die jetzige Gehilfin großgezogen hatten. Das Alter der Hilfskraft, das Geschlecht, die Anzahl der Küken, die Menge der untergebenen Weibchen beziehungsweise fütternden Erwachsenen sowie die Qualität des Territoriums spielten hingegen keine Rolle.

Die Helferinnen versorgten die Küken besonders emsig, wenn deren Mutter ständig zugegen war. Die An- oder Abwesenheit des Rohrsänger-Vaters wirkte sich jedoch nicht auf das Fürsorgeverhalten des Hilfspersonals aus. Vermutlich gibt die Gegenwart der Mutter, welche die spätere Helferin selbst großzog, den entscheidenden Hinweis, wann die Pflegedienste eingesetzt werden, spekulieren die Forscher. Denn mit diesem Tier – und folglich auch mit ihren Nachkommen – sind die rangniedrigeren Vogeldamen zuverlässig verwandt. Die Abstammung der Küken vom Vater ist aufgrund der häufigen Untreue der Weibchen eher zweifelhaft.

Doch egal, welches Männchen der biologische Vater der Kinderschar ist: Die Nestinsassen profitieren in jedem Fall von der Zufütterung durch die untergebenen Rohrsänger-Ammen. Denn schließlich bestimmt die Nahrungsmenge darüber, ob ein Küken flügge wird und erfolgreich das erste Jahr überlebt. Aus diesem Grund sollte die zusätzliche Fürsorge rangniedrigerer Weibchen die mit ihr verwandte Nachkommenschaft erhöhen. Und dies ist tatsächlich der Fall, wie die Studie der Forscher eindrucksvoll belegt: Die Anzahl der Jungvögel nahm innerhalb eines Territoriums bei jeder anwesenden Gehilfin deutlich um 17 Prozent zu.

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