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Sombrero-Galaxie: Hinter der Krempe verbirgt sich Chaos

Die Sombrero-Galaxie mag majästetisch ruhig wirken. Doch sie könnte eine turbulente Vergangenheit haben. Das zeigen Aufnahmen des Weltraumteleskops Hubble.
Die Sombrero-Galaxie liegt im Sternbild Jungfrau.

Man nehme einen sehr hellen Kern, drapiere ein dunkles Staubband darum – fertig ist der galaktische Sombrero, Messier 104. Auch auf Grund ihrer sonderbaren Form ist die Galaxie unter Astronomen beliebt. Neue Daten des Hubble-Weltraumteleskops deuten nun darauf hin, dass sie noch mehr zu bieten hat: Die glatte, festsitzende Krempe des Sombreros könnte eine turbulente Vergangenheit verdecken, wie ein Team im »Astrophysical Journal« berichtet.

Trotz zahlreicher Beobachtungen in verschiedenen Wellenlängen ist die Sombrero-Galaxie längst nicht verstanden. Hubbles aktuelle Bilder sind der jüngste Beweis dafür. Die Aufnahmen von Zehntausenden von Einzelsternen zeigen, dass der Halo des Sombreros – also der annähernd kugelförmige Bereich, in dessen Zentrum die Galaxie eingebettet ist – mehr metallreiche Sterne enthält als erwartet. Nicht nur das: Alte, metallarme Sterne, die man typischerweise in den Halos massereicher Galaxien findet, fehlen nahezu völlig.

Jeder Stern hat einen Lebenszyklus, von der Geburt bis zu seinem Erlöschen. Im Verlauf seines Daseins entstehen Elemente, erst leichte, dann schwerere. Je mehr Sterne den Zyklus in einer Galaxie durchlaufen, je reicher an Elementen ist das Gas und desto höher ist die Metallizität der Sterne, die sich aus diesem Gas bilden. Solche jüngeren, hochmetallischen Sterne finden sich normalerweise in der Hauptscheibe der Galaxie, wo die Sternpopulation dichter ist – nicht aber beim Sombrero.

Hubbles Aufnahme von M104 | Links ist die Sombrero-Galaxie (M104) samt Teil des viel schwächeren Halos weit außerhalb der hellen Scheibe zu sehen. Hubble fotografierte zwei Regionen im Halo (eine davon ist durch den weißen Kasten dargestellt). Die Bilder auf der rechten Seite verdeutlichen die von Hubble aufgenommene Detailgenauigkeit. Der orangefarbene Kasten, eine kleine Untermenge von Hubbles Ansicht, enthält unzählige Halosterne. Die Sternpopulation nimmt in der Nähe der Galaxienscheibe (unterer blauer Kasten) an Dichte zu.

Eine mögliche Erklärung für die überraschende Beobachtung: Der Sombrero, wie er heute zu sehen ist, mag zwar extrem ruhig wirken und die Galaxiescheibe glatt erscheinen. Doch vor Milliarden Jahren könnten dennoch massereiche Galaxien miteinander kollidiert und verschmolzen sein. Darauf deuten Computermodelle hin. Forscher hatten sie mit den neuen Daten von Hubble gespeist.

Der Sombrero bringt alles durcheinander

»Der Sombrero war schon immer eine etwas seltsame Galaxie«, sagte Studienautor Paul Goudfrooij vom Space Telescope Science Institute in einer Pressemitteilung der amerikanischen Weltraumbehörde NASA. Das mache das System so interessant. Hubbles Messungen hätten einen weiteren Hinweis darauf geliefert, »dass der Sombrero uns viel über den Aufbau und die Entwicklung von Galaxien zu lehren hat«. Die Beobachtungen würden, teilen die Autoren mit, das allgemein akzeptierte Verständnis, wie Galaxien entstehen und wie häufig schwere Elemente in den Sternen sind, durcheinanderbringen.

Weitere Untersuchungen sind nötig. Laut der NASA wäre das Wide Field Infrared Survey Telescope (WFIRST) mit einem 100-fach größeren Sichtfeld als Hubble in der Lage, ein kontinuierliches Bild des Halos der Galaxie aufzunehmen und gleichzeitig mehr Sterne im Infrarotlicht zu erfassen. Zusätzliche brauchbare Aufnahmen sind von Hubbles Nachfolger, dem James Webb-Weltraumteleskop zu erwarten. Dessen Start allerdings hat sich die vergangenen Jahre immer wieder verzögert. Momentan ist er für das Frühjahr 2021 geplant.

Die Sombrero-Galaxie (M104) wurde am 9. April 1781 von Pierre Méchain entdeckt. Messier 104 liegt im Sternbild Jungfrau und ist eine Spiralgalaxie, die etwa 30 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt ist. Ihr Durchmesser beträgt etwa 50 000 Lichtjahre, die Gesamtmasse wird auf zirka 800 Milliarden Sonnenmassen geschätzt.

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