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Höhlentiere: Grottenolme finden sich erstaunlich oft in der Oberwelt

Der Grottenolm ist das Wahrzeichen des slowenischen und italienischen Karstes – trotz seines heimlichen Lebens und bizarren Äußeren. Er lebt aber nicht nur in Höhlen.
Der Grottenolm ist ein farbloser bis leicht rosafarbener Schwanzlurch mit rötlichen Außenkiemen. Er lebt in Höhlen und lagert auf dem Grund
Grottenolme leben versteckt in Karsthöhlen Sloweniens und Nordostitaliens – zumindest dachte man das sehr lange.

Blind und praktisch farblos: Grottenolme (Proteus anguinus) gelten als Musterbeispiel für Höhlentiere, die sich an die dauerhafte Dunkelheit perfekt angepasst haben. Nicht ins Bild passen allerdings oberirdisch lebende Vertreter der Art, die schwarz pigmentiert sind und entwickelte Augen besitzen – und die sich genetisch nicht wirklich von ihren blassen Verwandten unterscheiden. Eine Studie aus dem italienischen Karst von Raoul Manenti von der Universität Mailand und seinem Team zeigt, dass sich sogar auch die hellen Olme häufiger in die Oberwelt wagen, als bislang gedacht wurde.

Farblose Grottenolme an der Oberfläche wurden von Menschen in früheren Zeiten als »Drachennachwuchs« betrachtet und galten in der Wissenschaft als Opfer von starken Überschwemmungen, die sie aus Höhlen gespült hatten. 2020 entdeckte die Arbeitsgruppe jedoch während Feldarbeiten in dem Gebiet einen Olm, der mitten am Tag durch eine Karstquelle schwamm. Das löste eine Reihenuntersuchung bis 2023 aus, während der die Forscher selbst oder Kameras immer wieder Grottenolme nachweisen konnten, überwiegend nachts, aber auch tagsüber und in insgesamt 15 oberirdischen Gewässern – darunter sogar ein Jungtier, so dass sich die Tiere hier womöglich vermehrt hatten. Es handelt sich dabei um die bislang kleinste Larve eines Olms, die im Freiland gefunden wurde.

Um die Lurche näher zu untersuchen, fingen Manenti und Co einige der Tiere, die dabei teilweise ihre Nahrung herauswürgten. Dabei handelte es sich um Würmer, die an der Erdoberfläche und nicht in Höhlen leben. Womöglich wandern die Grottenolme also aus den Höhlen nach oben, um hier in größerem Umfang vorhandene Nahrung zu erbeuten. Dabei setzen sie sich allerdings größeren Risiken aus, schreiben die Forscher: Neben Fressfeinden drohen auch Schäden durch die UV-Strahlung, da ihre Haut nicht pigmentiert und folglich ungeschützt ist.

Verglichen mit unterirdisch lebenden Grottenolmen waren die Besucher der Oberwelt ziemlich agil und verharrten nur selten länger an Ort und Stelle. Bei einer Studie in Bosnien-Herzegowina dagegen bewegten sich die meisten der untersuchten Olme einer Höhle wenig bis gar nicht: Ein Tier ruhte sogar über sieben Jahre hinweg an der immer gleichen Stelle, ohne sich so wirklich zu rühren.

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  • Quellen
Ecology, 10.1002/ecy.4252, 2024

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