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Medizinischer Einzelfall: Homöopathisches Mittel löst akute Zirrhose aus

Ein 38 Jahre alter Abstinenzler geht wegen akuter Hepatitis zum Arzt. Die Ursachenforschung führt schließlich zu einem homöopathischen Mittel.
Homöopathie

Mediziner um Cyriac Abby Philips vom Ernakulam Medical Centre im indischen Kochi berichten von einem 38 Jahre alten Mann mit einer ernährungsbedingten Leberzirrhose, dessen Zustand sich in kurzer Zeit dramatisch verschlechterte – weil er gegen eine andere Erkrankung ein homöopathisches Mittel auf Alkoholbasis zu sich genommen hat. Der hohe Alkoholgehalt habe letztlich eine schwere alkoholisch bedingte Hepatitis ausgelöst, schreiben die Mediziner in »BMJ Case Reports«. Dabei war der Patient zumindest nach eigenen Angaben totaler Abstinenzler, weshalb die behandelnden Ärzte auch zuerst nach anderen Ursachen für den akuten Schub gefahndet hatten, wie nach Hepatitis-Viren, Drogenmissbrauch oder Schwermetallen und Pestiziden. Erst nach einiger Zeit kam durch ein Gespräch heraus, dass der Mann ein homöopathisches Mittel eingenommen hatte, um ein Symptom von Morbus Meulengracht einzudämmen, das bei ihm auftrat.

Die auch als Gilbert-Syndrom bekannte Stoffwechselstörung ist durch stark erhöhte Bilirubin-Werte im Blut gekennzeichnet, ein gelbes Abbauprodukt von Hämoglobin im Blut. Das sorgt mitunter für gelbstichige Haut und Augen, sonst ist Morbus Meulengracht jedoch gutartig und erhöht das Sterberisiko nicht. Dennoch wandte sich der Patient an einen Homöopathen, um das Syndrom zu behandeln. Dieser verschrieb ihm homöopathische Tabletten und Lösungen, die der Mann auch regelmäßig einnahm. Nach zwei Wochen bemerkte er, dass er sich zunehmend schläfrig fühlte und seine Stimme verwaschener klang – ähnlich wie bei einem Betrunkenen. Danach wurde zwar die Gabe des gelösten Mittels reduziert, die Zahl der Kügelchen jedoch erhöht.

Nach weiteren zwei Wochen verfärbten sich die Augen intensiver gelb, der Urin wurde dunkler, und die Beine schwollen an. Mehrere Lebertests ergaben, dass die Bilirubin-Werte nun um das Zehnfache über der normalen Konzentration lagen, auch andere Leberwerte waren erhöht. Alle Anzeichen deuteten auf eine akute Hepatitis, die normalerweise mit schwerem Alkoholkonsum verknüpft ist. Da der Patient jedoch mehrfach beteuerte, abstinent zu leben, suchten die Mediziner nach anderen Ursachen wie Viren oder Vergiftungen. Erst der Hinweis auf die homöopathischen Mittel brachte dann jedoch den Durchbruch: Eine der Substanzen war in 18-prozentigem Alkohol aufgelöst gewesen, was der Patient regelmäßig eingenommen hat – und seine ohnehin belastete Leber schwer beeinträchtigte.

Die Mediziner verlegten ihn sofort in ein Lebertransplantationszentrum und leiteten akute Hilfsmaßnahmen ein. Doch sein Organ war zu diesem Zeitpunkt bereits irreversibel geschädigt, wobei das alkoholische Lösungsmittel den letzten Schub bewirkte. Rund 40 Tage nach Auftreten der schweren Hepatitis-Symptome verstarb der Mann an multiplem Organversagen.

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