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Sinne: Laubfrösche meistern Cocktail-Party-Phänomen

Laubfrosch
Laubfrosch-Weibchen nutzen Rauminformationen, um sich im rundum quakenden Männerchor für den richtigen Artgenossen zu entscheiden. Sie verfolgen damit eine ähnliche Strategie wie Menschen, um einzelne Stimmen aus dem Hintergrundrauschen herauszufiltern.

Versuchsaufbau | Das Laubfroschweibchen sitzt im Zentrum zwischen den beiden Lautsprechern mit den Einzelrufen und zwei weiteren mit der Hintergrunduntermalung. Letztere stehen einmal nahe bei den Einzelquaktönen und im anderen Fall genau im rechten Winkel dazu, sodass die Laubfrosch-Dame aus allen vier Richtungen beschallt wurde.
Mark Bee von der Universität von Minnesota in Twin City hatte ein einzelnes Laubfrosch-Weibchen der Spezies Hyla chrysoscelis gleichzeitig mit typischen Aufnahmen eines quakenden Chors und einzelnen Gesängen von jeweils einem Artgenossen sowie einer nahe verwandten Art beschallt. Das Tier saß dabei im Zentrum zwischen den beiden Lautsprechern mit den Einzelrufen und zwei weiteren mit der Hintergrunduntermalung. Letztere standen einmal nahe bei den Einzelquaktönern und im anderen Fall genau im rechten Winkel dazu, sodass die Laubfrosch-Dame aus allen vier Richtungen beschallt wurde. Indem Bee nun die Lautstärke der Soli änderte, konnte er den Einfluss der räumlichen Information auf die Wahrnehmung erfassen.

Übertönte der Einzelgesang das gemischte Quaken, lag die Trefferquote der Weibchen entsprechend hoch, egal ob die Laute aus nahezu derselben Richtung oder im 90-Grad-Winkel zueinander ertönten. Sobald aber der Solist etwas leiser wurde als der Chor, blieb das Weibchen unschlüssig oder entschied sich sogar falsch. Hier allerdings zeigte sich nun der räumliche Effekt: Erklang das Hintergrund-Quaken im rechten Winkel zum Einzelgesang, wandte sich die Froschdame immer noch in neunzig Prozent der Fälle dem richtigen Partner zu. Lagen beide Tonquellen nahe beieinander, erfolgte ihre Wahl nur noch rein zufällig. Drehte Bee die Lautstärke der Soli noch weiter herunter, half der Froschdame allerdings auch die Richtung nicht mehr.

Das Vermögen, einzelne Stimmen aus einem Stimmengewirr herauszufiltern beziehungsweise die störenden Hintergrundinformationen zu unterdrücken, wird häufig als Cocktail-Party-Phänomen bezeichnet. Neben den räumlichen Informationen über die Herkunft der Laute werden auch Sichtkontakt und die Feinstruktur der Stimmen als hilfreiche Faktoren diskutiert. Wie Tiere damit umgehen, im Geräuschgewirr den richtigen Partner herauszuhören, ist vergleichsweise schlecht untersucht. Im Falle von Hyla chrysoscelis jedoch ist die Wahl entscheidend: Eine Paarung mit Männchen der nahe verwandten und zum Verwechseln ähnlichen Art Hyla versicolor endet in unfruchtbaren Nachkommen. (af/kgi)

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