Direkt zum Inhalt

Pazifik: Mikroplastik auf dem Kinderteller von Ozeanfischen

Oberflächenfilme vor der Küste bieten Fischlarven ein reichhaltiges Buffet. Leider steht auch Kunststoff auf der Speisekarte.
Mikroplastik in Futtergröße

Mikroplastik wird zunehmend Teil des Lebensraums Meer. Bereits im Larvenstadium werden Ozeanfische damit konfrontiert, wie ein internationales Forscherteam um Jamison Gove und Jonathan Whitney vom Pacific Islands Fisheries Science Center in Honolulu herausfand. Die Wissenschaftler haben besonders planktonreiche Regionen nahe der Wasseroberfläche der hawaiianischen Küste untersucht. Dabei entdeckten sie, dass sich dort zwar überproportional viele Fischlarven und Jungfische tummeln, dass diese sich das Paradies aber mit außergewöhnlich vielen Plastikpartikeln in Futtergröße teilen müssen. Mehr als doppelt so häufig wie in angrenzenden Gewässern entdeckten die Forscher im Verdauungstrakt sezierter Fischlarven Plastik, überwiegend die Verpackungsmaterialien Polyethylen und Polypropylen.

Wie sich Mikroplastik im Körper des Fischnachwuchses auswirkt, ist noch nicht hinreichend untersucht. Bei ihren ausgewachsenen Verwandten kann der Plastikkonsum Verdauungsstörungen, Mangelernährung und andere schwer wiegende Probleme auslösen. Etwa acht Prozent aller untersuchten Fischlarven hatten kleine Plastikpartikel aufgenommen, berichten die Forscher in ihrem Beitrag für das Fachjournal »PNAS«.

Wäre nicht das Mikroplastik, gäbe es kaum eine bessere Kinderstube für die Fische, stellten Gove und seine Kollegen fest: In der Nähe von Küsten spülen Unterwasserwellen Algen und Plankton in Oberflächenfilmen zusammen. Solche »Slicks« ähneln Ölfilmen und erstrecken sich über etwa acht Prozent der hawaiianischen Küstengewässer. So begrenzt diese Regionen sind, beherbergen sie doch über 40 Prozent der in Oberflächennähe lebenden Fischlarven. Aus Korallenriffen, dem offenen Meer und verschiedenen anderen Habitaten des Ozeans stammten die Arten, die ihre ersten Tage in den hawaiianischen Slicks verbrachten. Wer hier heranwächst, ist im Schnitt nicht nur größer und besser entwickelt als Artgenossen aus anderen Meereskindergärten, sondern kann auch besser schwimmen, beobachteten Gove, Whitney und Kollegen.

Jungfisch eines Fliegenden Fischs und Mikroplastikteilchen | Eine Münze (rechts im Bild) dient als Vergleichsmaßstab.

Um ein möglichst vollständiges Bild dieser Gebiete zu erhalten, haben sie mehr als 1000 Quadratkilometer vor der Küste Hawaiis untersucht. Auf Satellitenbildern verriet die Reflexion des Sonnenlichts, wo sich Slick-Regionen befinden. Anschließend nahmen die Forscher vor Ort Proben mit Planktonnetzen, die einen Meter in die Tiefe reichten, und sortierten dann unter dem Mikroskop alles, was sie aus dem Wasser gefischt hatten per Hand.

Ihre Ergebnisse legen nahe, dass dieselben Strömungseffekte, die das Planktonbüfett anrichten, auch Mikroplastik vor der Küste Hawaiis sammeln – in einer Konzentration, die im Schnitt mehr als achtmal so hoch ist wie im berüchtigten Great Pacific Garbage Patch, dem großen Müllstrudel im Pazifik. Gove und Whitney weisen in ihrem Artikel auch auf die Gefahren hin, die das birgt: Sollten die Larven aus den hawaiianischen Slicks überleben, werden sie eines Tages zu Ressourcen für die Fischerei heranwachsen. Unter den Fischen, die Plastikpartikel zu sich genommen hatten, waren auch Schwertfische und Goldmakrelen – eine weitere Mikroplastikquelle in der menschlichen Nahrungskette.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.