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Gesundheit: So lassen sich Impflücken schließen

Impfmüdigkeit lässt sich am besten mit Maßnahmen bekämpfen, die nicht bei den Ansichten, sondern beim Verhalten der Menschen ansetzen. Denn nicht alle Ungeimpften sind Impfgegner.
Nur ein kleiner Piks: Ein Mädchen wird geimpft

In den vergangenen Jahren haben immer wieder Ausbrüche von Infektionskrankheiten wie Masern für Schlagzeilen gesorgt, die eigentlich vermeidbar gewesen wären, wenn sich genügend Menschen impfen lassen würden. Parallel dazu häufen sich Berichte über so genannte Impfskeptiker oder -gegner, die Vakzinen grundsätzlich kritisch gegenüberstehen oder diese sogar ganz ablehnen. Viele Gesundheitskampagnen zielen deshalb darauf ab, falsche Vorstellungen und Fehlinformationen in den Köpfen der Leute zu korrigieren, um die Impfeinstellung der Menschen so zum Positiven zu verändern. Das könnte allerdings nicht unbedingt die klügste Strategie sein, sagen nun Forscher um Noel T. Brewer von der University of North Carolina. Denn weitaus effektiver sind womöglich Maßnahmen, die nicht bei den Ansichten, sondern direkt beim Verhalten impfmüder Menschen ansetzen.

Die Wissenschaftler trugen im Rahmen einer Übersichtsarbeit zahlreiche Erkenntnisse aus den Bereichen Psychologie, Soziologie, Ökonomie und Medizin zusammen. Die aktuell verfügbaren Daten, so schreiben sie im Magazin »Psychological Science in the Public Interest«, deuten darauf hin, dass Personen, die Impfungen gezielt ablehnen, entgegen der öffentlichen Wahrnehmung nach wie vor nur einen kleinen Teil der Masse ausmachen. Zudem gebe es keine Belege dafür, dass Gesundheitskampagnen bei ihnen eine große Wirkung entfalten. Diese Erkenntnis deckt sich auch mit den Ergebnissen von experimentellen Untersuchungen, die etwa zeigen konnten, dass Impfskeptiker auch dann nicht von ihrer Ansicht abrücken, wenn man ihnen dramatische Berichte oder Bilder von kranken Kindern vorlegt.

Tatsächlich würden sich die meisten Menschen in vielen Ländern so impfen lassen, wie Ärzte es empfehlen, sagen Brewer und Kollegen – und viele andere seien Schutzimpfungen gegenüber zwar aufgeschlossen, würden aber die ein oder andere Impfung schlicht verpassen oder nicht rechtzeitig nach Plan erhalten. Problematisch sei zudem, dass viele Menschen zwar in der Kindheit die nötigen Impfungen bekämen, dann aber als Erwachsene etwa seltener Auffrischungsimpfungen oder die jährliche Grippeschutzimpfung wahrnähmen.

Die erfolgreichsten Strategien, mit denen sich Personen zum Impfen bewegen lassen, zielen deshalb nicht darauf ab, die Einstellungen der Menschen zu verändern, sondern vielmehr ihr Verhalten, sagen die Forscher. Als effektiv erwiesen sich ihrer Arbeit nach Erinnerungen und gezielte Impfaufforderungen, die beispielsweise per Post an alle Patienten einer Praxis verschickt werden. Zudem könnte es helfen, wenn Ärzte für ihre Patienten bereits feste Termine für die nächste Immunisierung ansetzen würden. Auch finanzielle Anreize zeigen mitunter Wirkung – ebenso wie Geldentzug, wenn wichtige Impfungen fehlen, wie das Beispiel Australien zeigt. Eine weitere effektive Stellschraube: bestimmte Impfungen zur Voraussetzung für einzelne Tätigkeiten oder die Aufnahme in Betreuungsangebote zu machen. Damit meinen die Forscher etwa die »Impfpflicht«, an die manche Länder bereits die Aufnahme von Kindern in den Kindergarten oder die Kinderkrippe knüpfen. Aber auch eine Impfpflicht für Menschen, die in medizinischen Berufen tätig sind, könnte beispielsweise Wirkung zeigen.

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