Direkt zum Inhalt

News: Süßes Farbenspiel

Wovon modebewusste Frauen nur träumen können, ist für gentechnisch veränderte Mäuse kein Problem mehr: Je nachdem, ob ihr Trinkwasser Zucker enthält, wechseln die Tiere ihre Fellfarbe von reinstem Albinoweiß zu normalem Mausbraun. Genutzt wird ein Genregulationssystem, das in Anwesenheit von Zucker das Ablesen bestimmter Gene freigibt. Übertragen auf andere Gene, könnten die Forscher deren Rolle direkt am lebenden Tier untersuchen - ohne die hohe Todesrate bei den so genannten Knock-Out-Mäusen.
Warum nicht ein interessantes Regulationssystem aus dem einzelligen Darmbakterium Escherichia coli für Säugetiere anwenden, dachten sich Forscher um Heidi Scrable von der University of Virginia in Charlottesville. Denn die kleinen Lebewesen gehen sehr effektiv mit ihren Ressourcen um und schreiben bestimmte Gene nur ab, wenn sie auch wirklich gebraucht werden. Ein Beispiel hierfür ist das Lactose-Operon, das den Zuckerabbau reguliert.

Nur wenn der Energielieferant Zucker im Angebot ist, gibt das Bakterium seine zum Abbau erforderlichen Gene frei. Reguliert wird dies durch ein den Genen vorgeschaltetes Kontrollelement, den lac-Operator. An seine Sequenz heftet sich normalerweise ein Protein mit dem passenden Namen lac-Repressor und verhindert das Abschreiben der zuckerabbauenden Enzyme. Ist jedoch die süße Lactose im Zellinneren vorhanden, bindet sie an das Repressorprotein, das daraufhin nicht mehr an den Operator passt und abfällt. Nun hat die RNA-Polymerase freie Bahn und kann die Gene ablesen. Der Zuckerabbau kann beginnen.

Um einen sichtbaren Effekt zu erzielen, schaltete das Team das Gen für das Enzym Tyrosinase hinter den Operator – ein Enzym, das zur Bildung des Farbpigments Melanin gebraucht wird. Nun brachten sie das DNA-Molekül in Mäuse, die zwar das von Bakterien abgeleitete lac-Repressor-Gen besaßen, aber kein eigenes Tyrosinase-Gen hatten. Die Tiere waren dementsprechend schlohweiss, konnten sie doch durch den Repressor keinen Farbstoff produzieren.

Tranken die Mäuse jedoch ein paar Schluck zuckerhaltiges Wasser, änderten sie chamäleonartig ihre Fellfarbe: Aus Albinos wurden braune Mäuse. Durch die Lactose fiel der Repressor vom Operon ab und gab das dahintergeschaltete Enzym zum Abschreiben frei. Der Farbstoff Melanin färbte daraufhin die Tiere in dunkle Töne. Nippten sie wieder an normalem Wasser, schaltete sich das Gen ab und die Mäuse strahlten erneut in reinstem Weiß. Die zauberhafte Umwandlung vollzog sich bei ausgewachsenen Tieren, ohne dass sie daran Schaden nahmen. Bei trächtigen Weibchen übertrug sich das Farbenspiel auch auf die Ungeborenen.

Auch wenn noch weiterführende Studien nötig sein werden, um das System vollständig zu realisieren, setzen Wissenschaftler große Hoffnungen in das neue Modell. So erscheint es für Alea Mills vom Baylor College of Medicine alle Kriterien für ein optimales induzierbares System zu erfüllen. Da die Maus das weltweit am meisten verwendete Modell zur Untersuchung menschlicher Erkrankungen und ihrer Entstehung ist, wird das experimentelle System die Bandbreite biologischer Fragen noch erweitern.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

  • Quellen
Science Now
Genes & Development 15(12): 1506–1517 (2001), Abstract
Genes & Development 15(12): 1461–1467 (2001)

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.