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News: Viel hilft viel

Nicht immer trifft das Sprichwort "Viel hilft viel" zu, aber im Fall der Ackerschmalwand könnte das der Fall sein. Denn die künstliche Vervielfältigung eines ihr eigenen Gens verhilft ihr zu ungeahnten Kräften.
Der Sommer ist da, und das bedeutet normalerweise sengende Hitze, eine gnadenlos auf uns herabscheinende Sonne und Flüssigkeitsverlust in großen Mengen. Wie gut, dass es Schwimmbäder, Sonnencremes sowie einladende Eiscafés gibt! Durch einen Sprung ins kühle Wasserbecken oder den Genuss eines Eisbechers können wir uns die Hitze zeitweise erträglicher machen, und Sonnencremes schützen uns zusätzlich, zumindest für eine kurze Zeit, vor schädlichen UV-Strahlen. Hilft das alles nichts, bleibt uns immer noch der Weg in den Schatten.

Doch wie schützen sich eigentlich Pflanzen vor der Sonne? Fest im Boden verwurzelt haben sie keine Möglichkeit, vor dieser zum Teil vernichtenden Strahlung zu flüchten. Da Pflanzen photosynthetisch Energie gewinnen, müssen sie aus dem Sonnenlicht sowohl Nutzen ziehen als auch dessen zerstörerische Kraft eindämmen.

Neben lebensnotwendigen Zuckerverbindungen entstehen bei der Photosynthese nämlich auch äußerst reaktive, sauerstoffhaltige Moleküle mit stark zellschädigender Wirkung. Die Evolution hat jedoch Schutzmechanismen hervorgebracht, mit denen Pflanzen diese unerwünschten Nebenprodukte dennoch zu ihren Zwecken einsetzen können: Sie werden zur Energiegewinnung herangezogen und somit vorzeitig entwaffnet.

Entstehen zu viele der reaktiven Sauerstoffverbindungen, werden sie durch so genannte Xantophylle abgefangen. Diese häufig langkettigen, mit Doppelbindungen ausgestatteten Zellwächter verhalten sich ähnlich wie Lichtschutzfaktoren in Sonnencremes und ersticken so die Zerstörungswut der aggressiven Moleküle bereits im Keim. Reicht die zelleigene Schutzpolizei bei zu intensiver Sonneneinstrahlung und dementsprechend erhöhter Konzentration an schädlichen Molekülen aber nicht aus, erleidet die Pflanze, was man bei uns Menschen als Sonnenbrand bezeichnen würde. Bei großflächigem Schaden können oft lebensnotwendige Regenerationsprozesse nicht schnell genug in Gang gesetzt werden, so dass die betroffene Pflanze abstirbt.

Im Kampf gegen dieses auch bei Nutzpflanzen auftretende Problem haben Peter Horton und seine Kollegen von der University of Sheffield eine mögliche Lösung gefunden, um die zelleigenen Schutzmechanismen der Pflanze aufzurüsten. In ihren Experimenten führten sie mehrere Kopien ein und desselben Gens in das Erbgut der Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) ein. Die von den Forschern ausgesuchte Sequenz codiert dabei für ein Arabidopsis-eigenes Enzym, welches einen wichtigen Schritt innerhalb der Xanthophyll-Synthese reguliert und so die Konzentration der vorhandenen Wächtermoleküle beeinflusst. Als Folge dieser genetischen "Überdosis" verdoppelte sich die Menge der in den Chloroplasten beobachteten Xanthophylle.

Derart behandelte Pflanzen zeigten sich gegenüber ihren unbehandelten Artgenossen um einiges robuster. Selbst nach zwei Wochen bei Temperaturen von 40 Grad Celsius und einer Strahlungsintensität, die etwas mehr als der Hälfte der mittäglichen Sonneneinstrahlung am Äquator entsprach, erfreuten sie sich noch bester Gesundheit.

Beachtenswert ist die Tatsache, dass hier kein für die Pflanze fremdartiges Gen eingeführt wurde, sondern lediglich mehrere Kopien eines Genom-eigenen DNA-Abschnitts. Eine derartige Aufrüstung könnte nach Ansicht der Forscher auch bei verschiedenen Nutzpflanzen wie Mais oder Kartoffeln dazu beitragen, sie gegenüber extremen Klimabedingungen unempfindlicher zu machen, und im Zusammenhang mit der globalen Erwärmung und dem Anstieg der Weltbevölkerungszahlen von zentraler Bedeutung sein.

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