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Aus Grün mach Gelb: Wie man Chloroplasten in Vitaminbomben verwandelt

Grüner Salat ist gesund. Gelber wäre aber noch gesünder, sagt ein Forscherteam. Denn darin befinden sich größere Mengen nützlicher Substanzen.
An der gelben Stelle haben die Forscher die Chloroplasten zu Chromoplasten umgewandelt

Blätter könnten in Zukunft ähnlich nahrhaft sein wie reife Früchte – und sich wie diese gelb statt grün färben. Einem Team um den Biologen Briardo Llorente vom Centre for Research in Agricultural Genomics in Barcelona ist es gelungen, den für Früchte typischen Prozess auch in Blättern künstlich zu stimulieren. So könnte man den Nährwert und die gesundheitsfördernde Wirkung von Nutzpflanzen steigern, schreiben die Forscher im Fachblatt »PNAS«. Hinter dem Trick steckt die Verwandlung der Chloroplasten, die den grünen Pflanzenfarbstoff Chlorophyll enthalten, in Chromoplasten. Diese speichern gelb-rötliche, nahrhafte Karotinoide.

Diese Stoffwechselprodukte der Pflanzen, zu denen etwa Vitamin A gehört, haben auch im menschlichen Körper wichtige Funktionen. Menschen und Tiere können selbst kein Vitamin A herstellen; sie müssen Vorläufer davon mit der Nahrung aufnehmen. Karotinoide wie Betacarotin und das in Tomaten enthaltene Lycopin fangen auch reaktive Sauerstoffspezies ab. Darum wird ihnen eine vorbeugende Wirkung gegenüber Krebs, Arteriosklerose und anderen Krankheiten zugeschrieben.

Anders als in Blüten oder Früchten wandeln sich die Chloroplasten von Blättern normalerweise nicht zu Chromoplasten um. Das Team um Llorente schleuste in Pflanzen den genetischen Bauplan für ein Enzym ein, das den ersten Schritt in der Herstellung von Karotinoiden katalysiert. Dadurch bekamen die Blätter von Tabak- und Tomatenpflanzen sowie Kopfsalat gelbe Flecken. Bei Zucchini färbten sich die Früchte gelb. Während sich in den Chloroplasten der Karotinoid-Vorläufer Phytoen anhäuft, schwächelt offenbar die Fotosynthese. Anschließend werden deutlich mehr Karotinoide gebildet, was die Genexpression und die Struktur der Organellen verändert.

Mit Hilfe eines Transmissionselektronenmikroskops dokumentierte das Forscherteam diesen Umbau: Die Organellen wiesen nicht mehr die für Chloroplasten typischen Membranstapel auf, sondern dicht zusammengepresste, fetttröpfchenhaltige Strukturen. Darin fanden die Biologen nicht nur jede Menge Karotinoide, sondern auch dieselben Proteine, die in den Chromoplasten von Früchten und Blüten vorkommen.

Obwohl die Arbeitsgruppe ein fremdes Gen einschleuste, war die Veränderung nicht von Dauer. Den Einsatz von dauerhaft genetisch veränderten Pflanzen sehen viele Menschen kritisch, außerdem brauchen die Pflanzen ihre Chloroplasten zum Wachsen. Die Umwandlung sollte daher idealerweise erst kurz vor der Ernte geschehen. Diese Strategie hat allerdings einen Nachteil: Um Blätter wirklich wie Früchte reifen zu lassen, müsste man jede einzelne Pflanze mit einem Virus oder einem Bakterium infizieren, das das gewünschte Gen mitbringt. Das wäre enorm aufwändig. Es bleibt also abzuwarten, ob die Methode, für die die Forscher bereits ein Patent angemeldet haben, in Zukunft Verwendung findet.

Und was passiert im Herbst?

Dass sich die Blätter von Bäumen im Herbst bunt färben, hat auch mit Karotinoiden zu tun. Sie sind – in relativ geringer Menge – stets in den Chloroplasten vorhanden und schützen Pflanzen vor Schäden durch zu viel Sonnenlicht. Im Herbst wird der grüne Farbstoff der Blätter abgebaut, und die Karotinoide kommen zum Vorschein. Beim Abbau des Chlorophylls entstehen außerdem weitere rote und braune Farbstoffe, so genannte Anthozyane und Polyphenole. Die Chloroplasten wandeln sich aber nicht in Chromoplasten, sondern zu so genannten Gerontoplasten um.

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