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»Fleisch fürs Klima«: Lässt sich Fleischessen mit Klima- und Artenschutz vereinbaren?

Geht es nach dem Journalisten Stefan Michel, lautet die Antwort: ja.
Mann mit Cowboyhut an einem sehr gut gefüllten Großgrill.

Fleisch: Bei manchen kommt es täglich auf den Teller, andere lehnen es kategorisch ab. Dazwischen gibt es viele Abstufungen und nicht selten kontroverse Diskussionen zwischen den Vertreterinnen und Vertretern einer bestimmten Ernährungsweise.

Welche davon dem Klima-, Arten- und Umweltschutz nützt, dazu vertritt auch der Journalist Stefan Michel in seinem Buch »Fleisch fürs Klima« eine klare Meinung. So rät er zum Verzehr pflanzlicher, regionaler und saisonaler Bioprodukte, ergänzt von einer »sehr bescheidenen Menge an Fleisch«.

Wohlgemerkt meint Michel damit kein Fleisch aus industrieller Tierhaltung – auf Grund der vielen Verbraucherinnen und Verbrauchern wahrscheinlich bekannten Probleme etwa beim Tierwohl und für die Gesundheit. Zudem kritisiert der Autor, dass die Tiere – wie Schwein, Rind und Geflügel – in der Regel mit importiertem Kraftfutter wie Soja gemästet würden, für dessen Anbau unter anderem in Brasilien Regenwaldfläche gerodet wird. Für die Aufzucht der Tiere würden Nahrungsmittel verwendet, von denen auch Menschen satt würden, argumentiert er weiter.

Vorschläge für eine neue Art des Fleischverzehrs

Michel spricht sich deshalb für Alternativen wie den maßvollen Verzehr von in Deutschland beheimatetem Jagdwild aus. Er rät dazu, wieder vermehrt das ganze Tier anstatt nur Teile wie das Filet zu verzehren, damit weniger Essbares im Müll landet. Vor allem aber regt er an, gelegentlich Fleisch und Milchprodukte von Rindern, Schafen und Ziegen zu essen, die im Sommer auf Grünland weiden dürfen und im Winter überwiegend mit Mähgut von diesen Flächen gefüttert werden.

Der Autor zitiert zahleiche Experten und Institutionen wie den Agrarwissenschaftler Urs Niggli und das Umweltbundesamt, um seine Argumentation zu untermauern. Diese lautet: Grünland leistet einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. Vor allem der im Boden enthaltene Humus binde große Mengen Kohlendioxid. Zudem sei nachhaltig beweidetes Grünland Lebensraum zahlreicher Tier- und Pflanzenarten. Da viele Flächen zu intensiv bewirtschaftet oder umgewandelt werden, sei diese Vielfalt allerdings bedroht. Für Michel wäre es deshalb aus ökologischer Sicht fatal, das verbliebene Grünland ebenfalls ungünstig zu bewirtschaften – beispielsweise durch eine zu häufige Mahd – oder es in Wald oder Ackerland umzuwandeln. Zumal es selbst dann immer noch zu wenig Anbaufläche gäbe, um alle Menschen auf der Welt vegan zu ernähren, wie er schreibt.

Wie aber sollen Verbraucherinnen und Verbraucher das im Vergleich zum Supermarktangebot teurere Fleisch aus Freilandhaltung finden und bezahlen? Dazu hat der Autor ebenfalls Ratschläge parat. Einer davon lautet, sich hochpreisiges Fleisch nur ab und an zu gönnen. Generell müsse der Fleischkonsum pro Kopf sinken.

Der Buchtitel »Fleisch fürs Klima« wirkt vor diesem Hintergrund leider eher missverständlich. Wünschenswert wäre auch eine vertiefte Auseinandersetzung des Autors mit Sichtweisen gewesen, die seiner eigenen widersprechen. So hält etwa die Philosophin und Tierschutzaktivistin Friederike Schmitz den positiven Effekt einer Beweidung durch Rinder für überschätzt, sie plädiert stattdessen für andere Nutzungsformen von Grünland und eine pflanzliche Ernährungsweise.

So oder so bietet das ansonsten facettenreiche Buch Anreiz zu weiterführenden, gewiss auch weiterhin kontroversen Diskussionen – auch durch die Vorschläge und Forderungen, die Michel am Ende an die Politik richtet, wie etwa die Einführung einer Weidetierprämie und Ausgleichszahlungen an Landwirtinnen und Landwirte aus öffentlicher Hand, wenn beispielsweise Moore wiedervernässt werden und sie dadurch Ackerfläche verlieren.

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