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»Moment der Entscheidung«: Was die Erdgeschichte über den Klimawandel verrät

Michael E. Mann zieht in seinem lesenswerten Buch Lehren aus früheren Erdzeitaltern für die Klimawissenschaft. Einmal mehr betont er dabei die Dringlichkeit von Klimaschutzmaßnahmen, warnt aber auch vor Weltuntergangsängsten.
Hände von Kindern, die eine Weltkugel tragen

Der Klimawissenschaftler Michael E. Mann ist nicht nur als einer der Erfinder der »Hockeyschläger-Kurve« zur Darstellung des menschengemachten Klimawandels bekannt geworden, sondern auch durch seinen beharrlichen Einsatz gegen dessen Leugnung und andere Formen der Desinformation. Im Februar dieses Jahres siegte er nach mehr als einem Jahrzehnt vor Gericht gegen zwei Blogger, die seine wissenschaftliche Arbeit diskreditiert hatten. Auch in seinen Büchern hat Mann wiederholt Strategien analysiert und widerlegt, mit denen Klimaschutzmaßnahmen verhindert werden sollen. Es liegt deshalb nahe anzunehmen, dass er dies auch in »Moment der Entscheidung« tut. Und das trifft auch zu – teilweise.

Mann, von Haus aus Paläoklimatologe, befasst sich in diesem Buch mit Klimaveränderungen in der Erdgeschichte. So kam es vor etwa 125 000 Jahren zum Beispiel zur sogenannten Eem-Warmzeit mit weltweit ungefähr so hohen Durchschnittstemperaturen wie heute. Damals gab es unter anderem aufgrund von Veränderungen in der Umlaufbahn der Erde aber noch wärmere Sommer in den nördlichen und südlichen Breitengraden, in Grönland und der Westantarktis schmolzen deshalb wohl die Eisschilde.

Gegen die Untergangstimmung

Auch heute ist das Eis auf dem Rückzug: Unter anderem tauen die Permafrostböden, in denen große Mengen des Treibhausgases Methan lagern. Einige fürchten deshalb, dass dadurch in Zukunft eine »Methan-Bombe« platzen könnte, bei der große Mengen des starken Treibhausgases in die Atmosphäre gelangen, so Mann. Ihm zufolge liefert der Blick zurück in die Eem-Warmzeit für solche Befürchtungen aber keine Anhaltspunkte.

Das heißt allerdings nicht, dass der momentane Klimawandel für den Autor keine Bedrohung darstellt. Vielmehr will er zeigen, dass Vorstellungen über einen angeblich bevorstehenden Weltuntergang in der derzeitigen Situation genauso wenig hilfreich sind wie ein Leugnen des Klimawandels – und für ihn ist das apokalyptische Raunen inzwischen sogar das größere Problem.

Mann will mit seinem Buch deshalb nicht nur unzutreffende Annahmen über die Klimakrise widerlegen, sondern auch Mut machen. Noch sei es nicht zu spät, um zu handeln, schreibt er. Der Blick in die Vergangenheit kann ihm zufolge dabei helfen abzuschätzen, wie der Klimawandel voranschreiten wird. Zwar seien Ereignisse aus der Vergangenheit nicht uneingeschränkt auf die Gegenwart übertragbar, weil etwa noch Wissen über die damaligen Verhältnisse fehle. Sie seien aber dennoch eine »sehr wichtige Informationsquelle« und hilfreich für das Verständnis der Klimasysteme und des aktuellen Klimawandels.

Mann erklärt sein Fachgebiet gut. Dennoch ist die Lektüre zum Teil recht anspruchsvoll, zumal er oft auf Abkürzungen zurückgreift. Etwas zu kurz gerät auch sein Ratschlag an diejenigen, die über den schleppenden Klimaschutz enttäuscht sind. Sie sollten, so der Autor, ihre Gefühle in einen »rechtschaffenen Zorn« auf die fossile Brennstoffindustrie und ihre Vertreterinnen und Vertreter umwandeln, konkret: in politisches Handeln.

Was er darunter genau versteht, lässt das Buch offen. Es bleibt bei den oft gehörten Warnungen vor den Folgen einer ungebremsten Erderwärmung und dem Wunsch, Kindern und Enkeln eine lebenswerte Welt zu hinterlassen. So dürfte das Buch vor allem für diejenigen geeignet sein, die sich für Klimageschichte interessieren und mehr über die Klimawissenschaft erfahren möchten. Beides versteht man nach der Lektüre auf jeden Fall besser.

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