Direkt zum Inhalt

Im Namen der Fische

Verhaltensbiologe Jonathan Balcombe erklärt, was Fische empfinden können und welch erstaunliches Verhalten sie an den Tag legen.

»Den unbekannten Billionen gewidmet« – mit diesen Worten beginnt der Verhaltensbiologe Jonathan Balcombe sein Buch über Fische. Das Werk »… soll den Fischen auf eine Weise eine Stimme […] geben, wie es bislang nicht möglich war«, erklärt der Autor, der für die Tierschutzorganisation »Humane Society of the United States« in Washington D.C. arbeitet und sich mit dem Empfindungsvermögen von Tieren befasst. Dies möchte er erreichen, indem er Erkenntnisse aus Verhaltensforschung, Soziobiologie, Neurobiologie und Ökologie zusammenführt.

Balcombe nimmt seine Leser mit auf eine Reise in Süß- und Salzgewässer. Er präsentiert Zitteraale, pupsende Heringe, millimetergenau zielende Schützenfische und andere erstaunliche Arten und Phänomene. Er pflegt nicht nur einen unterhaltsamen und verständlichen Erzählstil, sondern gibt auch Fachwissen detailliert und differenziert wieder.

Werkzeuggebrauch unter Wasser

Zunächst widmet sich der Autor der Frage, was Fische hören, sehen, schmecken, riechen und fühlen. Er zeigt, dass etliche von ihnen Reize wie UV-Licht oder elektrische Signale wahrnehmen, die Menschen verborgen bleiben. Zudem erklärt er anhand wissenschaftlicher Studien, weshalb er davon überzeugt ist, dass Fische Schmerzen und Genuss empfinden.

Intelligent wirkendes Verhalten verschiedener Fischarten deutet darauf hin, dass die Tiere planen, einander erkennen, miteinander kooperieren und mentale Repräsentationen räumlicher Zusammenhänge erstellen. So nimmt der Anker-Zahnlippfisch (Choerodon anchorago) Muscheln in sein Maul und transportiert sie über beachtliche Entfernungen zu geeigneten Steinen hin, um dort die Muschelschalen durch geduldiges Draufschlagen aufzubrechen. Ein Verhalten, das Planung erfordert und dem Gebrauch von Werkzeugen nahekommt.

Es wird deutlich, dass Balcombe das Tierwohl sehr am Herzen liegt. So plädiert er dafür, Fische besser zu behandeln. Unter anderem kritisiert er, dass Angeln als ehrbarer Sport gelte und viele Menschen glaubten, die Angelhaken würden Fischen keinen Schmerz zufügen. Weiterhin geht er auf das Problem der Überfischung und die Haltung in Aquakulturen ein.

Der Verhaltensforscher erzählt zahlreiche Anekdoten, etwa über die Erlebnisse einer Aquarienhalterin, deren Fische sich gegenseitig halfen. Diese Geschichten sollen dazu dienen, die wissenschaftlichen Erkenntnisse aufzulockern und begreifbar zu machen, welche Fähigkeiten der Tiere noch nicht untersucht sind. Dies gelingt dem Autor über große Strecken. Dennoch wäre weniger in seinem Buch mehr gewesen. Das Werk zieht sich stellenweise in die Länge, und es hätte nicht geschadet, einige Storys wegzulassen.

Die Frage, was Fische wissen, lässt sich auch nach der Lektüre des Buchs nicht eindeutig beantworten. Ein höheres Verständnis und eine Ahnung, wie komplex und vielfältig die Verhaltensweisen der Tiere sind, bleiben jedoch. Insgesamt bietet das Buch einen ausführlichen Rundumblick und stützt sich auf viele Fachartikel. Balcombe erklärt die Arbeit der Forscher sehr eingängig, wobei wissenschaftlicher Anspruch und Details nicht verloren gehen. Seine Quellen gibt er im Anhang an, so dass Interessierte weiterführende Literaturempfehlungen bekommen. Immer wieder kommentiert der Autor und regt seine Leser zum Nachdenken oder Schmunzeln an. So gibt er zu bedenken, dass der Clownfisch-Papa Marlin in dem Film "Findet Nemo" nach dem Tod der Mutter eigentlich eine Clownfisch-Mama hätte werden müssen.

Kennen Sie schon …

Spektrum der Wissenschaft – Vögel - Gefiederte Vielfalt

Die kognitiven Fähigkeiten von Vögeln erstaunen selbst Fachleute immer wieder. Wie schaffen es Vögel, trotz ihres winzigen Gehirns, Werkzeuge zu benutzen oder sich im Spiegel zu erkennen? Wie kam es zum Gesang der Vögel und was verbirgt sich dahinter? Wie kommt es zu den vielfältigen Farben und Mustern des Federkleids? Studien zur Embryonalentwicklung zeigen, auf welchen theoretischen Grundlagen die Farb- und Formenfülle im Tierreich beruhen. Und die Vorfahren der Vögel, die Dinosaurier, erwiesen sich als fürsorgliche Eltern.

Spektrum Kompakt – Verhaltensbiologie – Tierisch sozial

Vor allem in Haustieren sehen wir Persönlichkeitsmerkmale wie Mut und Neugier oder Verschlossenheit. Doch nicht nur Hund und Katze haben eine Persönlichkeit, auch im Aquarium und im Ozean verhält man sich gemäß Charakter. Denn eine Persönlichkeit zu besitzen ist keine menschliche Eigenheit.

Spektrum Kompakt – Wandernde Tiere

Sie bleiben, bis die Jahreszeit kalt oder die Nahrung knapp wird: Zugvögel zieht es bekanntlich in warme Winterquartiere, doch auch Wale, Elefanten und sogar Plankton wechseln ihre Heimat.

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.