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Sieben Mythen rund um die Hautpflege: Was hilft wirklich gegen Falten?

Die Kosmetikindustrie hat für jedes Problem ein Wässerchen. Doch die wenigsten helfen tatsächlich. Wir beleuchten sieben Mythen und sagen, was wirklich dran ist.
Frau steht bei der Hautpflege Kopf

Cremes helfen gegen Falten, Poren können sich öffnen oder schließen, Stadtluft ist schlecht für die Haut, und wer Pickel ausdrückt, bekommt Narben: Jede Menge Behauptungen kursieren zur perfekten Hautpflege. Doch was ist dran? Wir haben die Fakten recherchiert und klären auf, was dran ist an sieben klassischen Hautpflege-Mythen.

Mythos 1: Cremes können Falten mindern

Jeder Mensch bekommt irgendwann Falten – und zwar früher, als den meisten lieb ist. Die Hautalterung beginnt bereits mit Mitte 20. Ab dann verliert die Unterhaut schleichend Fett, und im Bindegewebe wird Kollagen abgebaut, das als Gerüst der Haut dient und sie geschmeidig macht. Die Haut wird schlaffer, und so entstehen Falten. Was hilft dagegen?

Oberflächliche Fältchen lassen sich zu einem gewissen Grad mit einer einfachen Feuchtigkeitscreme bekämpfen: Sie wirkt als Barriere und lässt das in der Haut gespeicherte Wasser nicht hinaus. Als aktive Anti-Aging-Wirkstoffe werden vor allem Retinol und seine chemischen Derivate eingesetzt. Das Vitamin regt die Kollagenproduktion an und soll so Falten reduzieren – das hat zumindest eine Studie mit 36 hochbetagten Senioren ergeben. Das gilt jedoch vor allem für verschreibungspflichtige, hoch dosierte Tinkturen (im Experiment 0,4 Prozent). Diese können allerdings auch zu Hautreizungen führen, und die Erfolge verschwinden meist nach Absetzen der Creme.

Frei verkäufliche Cremes setzen neben Retinol auf Substanzen wie Hyaluronsäure oder Coenzym Q10. Einen sichtbaren Effekt haben die Produkte jedoch kaum. 2015 testete »Stiftung Warentest« neun Anti-Aging-Cremes verschiedenster Preisklassen mit unterschiedlichen Wirkstoffen, die innerhalb von spätestens vier Wochen sichtbare Ergebnisse versprachen. Die 270 Tester behandelten über diesen Zeitraum eine Gesichtshälfte mit einem Anti-Falten-Produkt, die andere mit einer herkömmlichen Feuchtigkeitspflege. Ernüchterndes Fazit: Alle Anti-Aging-Cremes erhielten die Note »mangelhaft«.

Experten war es nicht möglich, einen Unterschied zu erkennen – weder auf Vorher-nachher-Aufnahmen noch im Vergleich der beiden Gesichtshälften. Einige der Anwenderinnen glaubten zwar an sich eine Verbesserung wahrzunehmen. Das dürfte jedoch vor allem an ihrer Erwartungshaltung gelegen haben. In einer begleitenden Umfrage war jede zweite Frau davon überzeugt, Anti-Falten-Cremes könnten Falten sichtbar oder gar vollständig verringern. Was allerdings nachweislich am besten gegen Falten hilft, ist Vorbeugung: die Haut wenig der Sonne aussetzen sowie eine Sonnencreme mit hohem Lichtschutzfaktor auftragen.

Mythos 2: Stadtluft lässt die Haut schneller altern

Seit Kurzem findet man in den Drogerieregalen so genannte »Anti-Pollution-Produkte«. Die Behauptung: Feinstaub, Smog und Abgase bedrohen den jugendlichen Teint. Spezielle Masken, Seren und Gesichtswässer sollen die urbane Haut davor schützen. Aber macht der Wohnort überhaupt einen Unterschied? Ein Team um Jean Krutmann vom Leibniz-Institut für umweltmedizinische Forschung an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf untersucht umweltinduzierte Alterungsprozesse der Haut. 2010 verglichen die Forscher das Hautbild von 400 Rentnerinnen aus dem Ruhrgebiet und dem Münsterland. Die Städterinnen hatten tatsächlich mehr Anzeichen von Hautalterung, vor allem mehr Pigmentflecken, als Gleichaltrige vom Land.

Manche der neuen Spezialprodukte sorgen für eine physikalische Barriere zwischen Schmutz und Haut, andere enthalten Moleküle, die Schwermetalle einlagern. »Ob spezielle Anti-Pollution-Produkte wirksam sind, ist aber noch nicht ausreichend erforscht«, sagt Maja Hofmann, Leiterin der Sprechstunde für ästhetische Dermatologie an der Berliner Charité. Sie empfiehlt Großstädtern daher eine Tagescreme mit Lichtschutzfaktor und eine gründliche Gesichtsreinigung, um die Haut vor schädlichen Umwelteinflüssen zu schützen.

Mythos 3: Pickel ausdrücken hinterlässt Narben

»Finger weg« lautet der gängige Rat, wenn sich mal wieder ein Höcker im Gesicht breitmacht. Die Haut spannt, der Pickel sieht immer unappetitlicher aus. Nur zu gern würde man da mal kurz Hand anlegen. Ist es vielleicht doch erlaubt? »Wenn Sie ordentlich kratzen, bilden sich tatsächlich schnell Narben – an Rücken und Dekolletee sogar noch eher als im Gesicht«, sagt Maja Hofmann. »Am besten gehen Sie deshalb zur Kosmetikerin.«

Doch weil das nicht immer möglich ist, hier ein kurzer Leitfaden: Der klassische Eiterpickel lässt sich oft mit einem milden Peeling behandeln. Die Körnchen entfernen dabei oberflächliche Hautschuppen. Wenn es ans Ausdrücken geht, gilt: zuerst Hände waschen und desinfizieren. Erst wenn der Pickel »reif«, der Eiterpunkt also schon gut erkennbar ist, sollte man ihn vorsichtig ausdrücken. Dabei ist die Richtung der Bewegung entscheidend. Quetscht man ungünstig, kann man den Eiter noch weiter in die Tiefe drücken.

Komedonen, auch Mitesser genannt, sind verstopfte Talgdrüsen. Die oft dunkle Färbung wird durch pigmentbildende Zellen verursacht, die Melanozyten. Zur Entfernung eignen sich zum Beispiel so genannte Pore Strips: Klebestreifen, an denen die Talgpfröpfe haften bleiben. Doch die Wirkung ist oft nur von kurzer Dauer, so Hofmann: »Je nach Hauttyp kehren die Mitesser nach kurzer Zeit wieder zurück.«

Mythos 4: Natürliche Inhaltsstoffe sind besser als synthetische

Naturkosmetik wird nicht nur als ökologisch, sondern auch als besonders hautfreundlich beworben. Stimmt das? »Im Gegenteil«, sagt Maja Hofmann. »Naturkosmetik wird oft sogar schlechter vertragen, weil sie leicht allergische Reaktionen auslösen kann. Viele Allergene sind pflanzlichen Ursprungs. Wir kennen das vom Heuschnupfen.«

Wer zu Allergien neigt, setzt lieber auf Produkte für empfindliche Haut. Besser verträglich sind auch Cremes mit wenigen Inhaltsstoffen. Hier ist die Chance geringer, auf eine Substanz zu reagieren. Der Trend zum Minimalismus ist längst in der Beauty-Branche angekommen: Immer mehr Produkte enthalten nur fünf oder weniger Zutaten.

Viel Wasser ist gut für die Haut? | Wer zu wenig trinkt, spürt dies bald an seiner Haut. Umgekehrt gilt das nur bedingt: Viel trinken führt nur bedingt zu einem besseren Hautbild.

Mythos 5: Bildschirmlicht schadet der Haut

Wer bis in die späten Abendstunden Smartphone, Tablet oder Computer nutzt, läuft nach Ansicht mancher Fachleute Gefahr, angesichts des blauen Lichts die Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin zu verzögern und schlechter zu schlafen. Bildschirmlicht steht außerdem im Verdacht, den Augen zu schaden. Der Haut auch? Unter dem Stichwort »Digital Aging« warnen Dermatologen und Kosmetikhersteller neuerdings davor.

Denkbar wäre es: Blaues Licht hat die höchste Energie im sichtbaren Spektrum. Es ist Teil des Sonnenlichts, wird aber ebenso von Smartphones, Tablets und ähnlichen Bildschirmgeräten abgegeben. Im Alltag nehmen wir es meist eher als kühles Weiß wahr, wie es viele LED-Lampen abstrahlen. Wird das kurzwellige Licht von bestimmten Stoffen in der Haut absorbiert, entstehen instabile Sauerstoffmoleküle, auch freie Radikale genannt. Diese hochreaktiven Moleküle entreißen anderen Zellstrukturen Elektronen und setzen so eine schädliche Kettenreaktion in Gang: den oxidativen Stress. Dabei wird vor allem das Kollagen angegriffen, das für die Spannkraft der Haut mitverantwortlich ist. In der Theorie könnte die Bildschirmarbeit darum zu vorzeitiger Erschlaffung der Haut führen. Und zu Pigmentflecken.

Doch insgesamt ist die Hautalterung durch Bildschirmlicht noch kaum erforscht. Wie lange, wie oft und wie dicht man sich ihm aussetzen muss, um Schäden zu riskieren, bleibt offen. Auch die Langzeiteffekte regelmäßiger Belastung durch Bildschirmlicht sind bisher nicht bekannt.

Ein Schutz gegen das Licht des Monitors bieten Sonnencremes, die einen physikalischen Filter enthalten. Partikel in Nanometergröße reflektieren dabei das Licht an der Hautoberfläche, so dass es nicht in tiefere Schichten eindringen kann. Antioxidanzien wie Vitamin C helfen zumindest in Zellkulturen gegen die freien Radikale. Ob das außerhalb der Petrischale ebenfalls funktioniert, ist aber noch unklar.

Mythos 6: Wer viel trinkt, bekommt schöne Haut

Seidenweich und prall soll die Haut sein. Dafür muss man nur mindestens drei Liter Wasser am Tag trinken, titelt ein Lifestyle-Magazin. Richtig ist: Rund ein Drittel der im menschlichen Körper gespeicherten Flüssigkeit steckt in unserem größten Organ, der Haut. Ob wir dehydriert sind, lässt sich darum auch über die Haut testen: Nimmt man die Haut am Handrücken zwischen Daumen und Zeigefinger und erzeugt so eine Falte, sollte die sich beim Loslassen schnell wieder zurückbilden. Bleibt die Falte stehen, deutet das auf ein Flüssigkeitsdefizit hin.

Dass ein deutlicher Wassermangel die Spannung der Haut beeinträchtigt, heißt allerdings nicht, dass große Trinkmengen ihre Spannkraft über den Normalwert hinaus erhöhen. US-amerikanische und israelische Forscher um Ronni Wolf vom Kaplan Medical Center in Rehovot haben sich 2010 die Faktenlage zum Thema angeschaut. Sie fanden in der zugegeben spärlichen wissenschaftlichen Literatur keinen Hinweis darauf, dass viel Trinken der Haut nützt.

Eine Überblicksarbeit von 2018, für die ein Team um die Dermatologin Merve Akdeniz – damals an der Berliner Charité – die Ergebnisse von sechs Studien zusammenfasste, ergab Folgendes: Wurden Versuchspersonen über mehrere Wochen zu zusätzlicher Wasseraufnahme angehalten, stieg im Schnitt die Feuchtigkeit der Hornschicht der Oberhaut und tieferer Hautschichten leicht an. Deutlicher ausgeprägt war dies bei Probanden, die zuvor wenig tranken. Die Haut wirkte äußerlich etwas weniger trocken, Dehnbarkeit und Elastizität nahmen geringfügig zu. Die Forscher geben jedoch zu, dass die Forschungslage immer noch zu dünn sei, um die Frage eindeutig zu beantworten.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung hält etwa 1,5 Liter am Tag für einen gesunden Erwachsenen für ausreichend. Hinzu kommt ein knapper Liter, der über die Nahrung aufgenommen wird. Diese Flüssigkeitsmenge genügt vermutlich auch für einen frischen Teint.

Mythos 7: Poren können sich öffnen und schließen

Poren sind Öffnungen auf der Haut, unter denen sich ein Haarfollikel und eine Talgdrüse befinden. Häufig wird empfohlen, Hautpflege nach einer heißen Dusche aufzutragen. Durch den Wasserdampf seien die kleinen Schleusen geöffnet und Wirkstoffe könnten tiefer eindringen. »Da ist was dran«, sagt Maja Hofmann. »Durch Wärme öffnen sich die Poren etwas. Dazu braucht es aber keinen Wasserdampf, sondern nur Wärme. Der Effekt entsteht auch in der Sonne. Substanzen dringen dadurch jedoch höchstens ein wenig in die Haut ein, da die Hornschicht – das Stratum corneum – als Barriere wirkt.«

Wer zu fettiger Haut neigt, hat häufig größere Poren. Die können das Hautbild uneben erscheinen lassen und sind daher ein gängiges Feindbild der Kosmetikindustrie. Fortgeschrittenes Alter, genetische Vorbelastung und häufiges Sonnenbaden erhöhen zudem das Risiko dafür. Etwa ab einem Durchmesser von 0,3 Millimetern gelten Poren als vergrößert. Besonders sichtbar sind sie meist auf Nase und Wangen. Wer etwas gegen zu groß geratene Poren unternehmen möchte, dem empfiehlt ein Team um den südkoreanischen Hautexperten Seong Seo, zunächst die individuelle Ursache dafür ausfindig zu machen. Optionen zur Behandlung seien beispielsweise Retinol, das die Talgproduktion hemmt und so der Dehnung der Poren entgegenwirken kann, sowie Laser, die überaktive Talgdrüsen zerstören.

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