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Hirschhausens Hirnschmalz: Fossil Fools - oder: Der Witz am Klimawandel

Eigentlich ist der Klimawandel nicht zum Lachen. Doch Eckart von Hirschhausen zeigt, dass man der Erderwärmung auch mit Humor begegnen darf.
Teilnehmer der Demonstration "Fridays for Future" in Hamburg

Greta Thunberg hat im September 2019 getwittert: »Ich bin durch mit diesem Klima-Ding … Ab jetzt mache ich nur noch Death Metal.« So viel Humor hatten viele dieser schwedischen Jugendlichen gar nicht zugetraut. Hintergrund des Tweets war ein viraler Hit, bei dem ihre Ansprache vor der UN mit Death-Metal-Musik unterlegt war. Ebenfalls unerwartet kam ihre Aussage: »Nachdem ich mit so vielen unserer Politiker gesprochen habe, habe ich nun verstanden, dass sie die Klimakrise im Griff haben«, schrieb die damals 16-Jährige. »Sie verstehen die Dringlichkeit und sind bereit zu handeln. Deshalb habe ich jetzt entschieden, nicht weiter zu streiken und wieder zur Schule zu gehen.« Um das richtig zu verstehen, reichte ein Blick auf das Datum: der 1. April. Internationaler Fools-Day!

Was ich auch an der »Fridays for Future«-Bewegung mag, sind die kreativen Sprüche auf den Demoplakaten. »Wenn ihr euch nicht wie Erwachsene verhaltet, machen wir das eben« oder: »Wozu in die Schule gehen, wenn später eh keiner auf die Gebildeten hört?« Oder schlicht: »Fossil Fools!« Viele schöne Gags zum Klima funktionieren nicht so richtig auf Deutsch. Wenn aus Brennstoffen, sprich »fuels«, mit einer minimalen Ände­rung der Aussprache »fools«, also Dummköpfe werden, verliert das in der Übersetzung »Fossile Brennstoff-Vollpfosten«. Umso erstaunlicher ist es, dass eine deutsche Nachhaltigkeitswissenschaftlerin aus München an einer spanischen Universität jetzt in einem englischen Paper einen umfangreichen Überblick liefert, wie Humor in der Klimakommunikation funktioniert – und wo nicht.

Miriam Kaltenbacher und Stefan Drews schreiben, dass zu viele schockierende und Angst erregende Botschaften zwar alarmieren, aber nicht dazu beitragen, dass Menschen ihr Handeln ändern. Humorvoll verpackt kommen Information leichter an kognitiven Schallschutzmauern vorbei, allerdings manchmal auch auf Kosten der Glaubwürdigkeit, der Informationstiefe und des Blicks für den ernsten Kern. Weder die Phrase noch das Trojanische Pferd dürfen also hohl sein – bildlich gesprochen.

Eine große Rolle spielen Late-Night-Shows wie die von John Oliver oder Steven Colbert, denen in den USA inzwischen mehr Glaubwürdigkeit bescheinigt wird als manchen Nachrichtenkanälen. In Deutschland betreibt insbesondere die »heute-show« erfolgreich politische Satire und Aufklärung, auch immer wieder zu Klimafragen. »Eisbären könnten laut einer aktuellen Studie 2100 ausgestorben sein. Egal, die kaufen eh keine Autos.« Oder: »Der Mindestlohn soll in vier Stufen bis 2022 von derzeit 9,35 auf 10,45 Euro steigen. Sogar der Meeresspiegel steigt schneller.«

Satire setzt jedoch die Fähigkeit voraus, sie als solche zu erkennen und einzuordnen. Sonst nimmt man solche Aussagen für bare Münze. Der Denkfehler dahinter: Der Absender denkt eigentlich wie ich – und meint, was er sagt. Wie immer kann man es nie allen recht machen. Aber wer den Humorstil mag, lernt auch etwas dazu und überwindet negative Gefühle. Ganz im Sinne der Berliner Müllabfuhr, die auf ihre Eimer schreibt: »Ich fühle mich so leer.«

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