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Hirschhausens Hirnschmalz: Erzähl das deiner Mutter!

Laut einer aktuellen Studie können vor allem klimaskeptische Eltern viel von ihrem eigenen Nachwuchs lernen.
Dr. Eckart von Hirschhausen

Was Hänschen nicht gelernt hat, lernt Hans nimmermehr. Doofer Spruch, ich weiß. Trotzdem habe ich ihn früh im Leben irgendwie in mein Hirn eingebaut und bekomme ihn da ohne Schlaganfall oder Demenz wahrscheinlich nicht mehr raus. Dass man in jungen Jahren leichter lernt, stimmt ja im Prinzip auch. Engländer sagen entsprechend: »You can't teach an old dog new tricks.« Gerade diesen Sommer aber stand ich das erste Mal auf einem Stand-up-Brett, dabei stehe ich seit 30 Jahren auf Bühnenbrettern und mache Stand-up. Da bin ich schon oft baden gegangen, nur auf dem Wackelbrett erstaunlicherweise nicht. Das fühlte sich ein bisschen an wie übers Wasser zu laufen. Wobei ich die meiste Zeit auf allen vieren stand. »Old dog« eben.

Max Planck sagte sinngemäß: Gute Ideen setzen sich nicht durch, weil sie gut sind, sondern weil die Gegner aussterben. Ein Grund, warum ältere Hirne meist schlechter lernen, ist wohl, dass da schon so viel Überzeugungen wie Gerümpel herumstehen. Die machen es jeder neuen Synapse oder Idee schwer, sich zu bilden. Wissen, so meinen viele, werde nur von »oben« nach »unten« weitergegeben, von »erfahren« zu »naiv« – doch eine aktuelle Studie beweist: Es gibt einen Weg von »frisch« zu »Ach, so kann man das auch sehen!«.

Im Fachjargon heißt das »Intergenerationenlernen«. Was mühsamer klingt, als es ist, wie besagte Studie zeigte. Da absolvierten Schüler zwischen 10 und 14 Jahren vier Extrastunden und eine Exkursion zum Thema Klimawandel. Anschließende Interviews ergaben: In den Familien von Schülern mit Zusatzunterricht war der menschengemachte Klimawandel viermal so häufig Gesprächsthema. Und gerade Eltern, die vorher nicht daran glaubten, lernten am meisten dazu.

Diese Ergebnisse machen Mut. Zeigen sie doch, wie wichtig soziale Bewegungen sind, die von Jugendlichen vorangebracht werden. Beim Thema Klimawandel ist die Wissenschaft der letzten Jahre ja eindeutig. Die öffentliche Debatte hinkt den Messwerten dagegen gefährlich hinterher: Sie gibt Leugnern und Verzögerern unglaublich viel Raum, statt sich auf die eigentliche Aufgabe zu konzentrieren – nämlich, wie man den globalen Karren aus der Hitze ziehen kann. Wir haben keine Zeit zu warten, bis die Leugner aussterben oder ausdörren. Das eigentlich Bedrohliche ist nicht, was man alles noch nicht weiß; sondern, was man so alles zu wissen meint, obwohl es falsch ist.

Jede Generation wünscht sich, der nächsten möge es besser gehen. Das hat seit 1945 ganz gut hingehauen. Aber die Beweislast wächst, dass es die heute noch jungen und erst recht die zukünftigen Generationen auf einer zumindest in Teilen unbewohnbar überhitzten Erde schwerer haben werden. Und das wissen die Jungen verrückterweise besser als die Alten. Auf wen sollten die Alten besser hören? Offenbar auf ihre Kinder.

Noch ein schönes Ergebnis der Forscher: Den größten Sinneswandel bewirkten Mädchen bei ihren konservativen Vätern. Also: Hanse dieser Welt – hört nicht nur auf Hänschen, sondern erst recht auf Henriette! Da bekommt das Wort »Erwachsenenbildung« gleich eine ganz neue Bedeutung.

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