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Lexikon der Chemie: Heizbäder

Heizbäder, in chem. Laboratorien und in der chem. Industrie verwendete Bäder zur gleichmäßigen, indirekten und wirtschaftlichen Wärmeübertragung von einer Wärmequelle auf ein Reaktionsgefäß. Ein Zwischenmedium, das eine gute Eigenkonvektion und möglichst auch eine hohe Wärmeleitzahl haben soll, schützt das Heizgut gegen örtliche Überhitzung. Die H. werden überwiegend elektrisch beheizt und oft über Relais auf konstanter Temperatur gehalten. H. werden z. B. zur Destillation und zum schonenden Eindampfen hitzeempfindlicher Stoffe verwendet. Bei vielen chem. Reaktionen ist es notwendig, daß die verschiedenen Reaktionstemperaturen genau eingehalten werden.

Man unterscheidet verschiedene Arten von H.

1) Beim Luftbad wird das Reaktionsgefäß von den Heizgasen einer Gasflamme oder von der aufsteigenden Wärme eines Infrarotstrahlers erwärmt.

2) Bei Festsubstanzbädern dienen überwiegend Sand, Eisenfeilspäne oder Graphit als Füllmaterial. Sie können bis etwa 350 °C verwendet werden. Die Temperaturregulierung ist schwierig.

3) Flüssigkeitsbäder sind wegen ihrer guten Eigenkonvektion am besten als H. geeignet. Die Wahl der Flüssigkeit richtet sich nach der gewünschten Höchsttemperatur (Tab.). Die Temperatur der Flüssigkeit soll 10 bis 20 °C höher als die gewünschte Innentemperatur sein. Flüssigkeitsbäder können wie folgt eingeteilt werden:

a) Wasserbäder. Wasser sowie kaltgesättigte Salzlösungen sind wegen ihrer hohen spezifischen Wärme, relativ guten Wärmeleitfähigkeit, niedrigen Viskosität und ihrer chem. und physiologischen Indifferenz am besten als Heizbadflüssigkeit geeignet. Nachteilig sind die relativ geringen Siedepunkte dieser Flüssigkeiten.

Es sind auch Wasserdampfbäder ohne Wasserbehälter im Gebrauch. Der mittels Dampfentwicklers erzeugte oder aus einer Dampfleitung entnommene Dampf tritt dabei durch Öffnungen in einen trichterartigen Metallbehälter, auf dem das Reaktionsgefäß steht.

b) Ölbäder. Da bei hochsiedenden Ölen (bis etwa 300 °C) durch Crackung bereits Zerfallsprodukte auftreten, dürfen Ölbäder nur bis 50 °C unter ihrem Flammpunkt erhitzt werden. Zu berücksichtigen ist die große Ausdehnung um 1/6 des Anfangsvolumens.

c) Salzbäder lassen sich im Bereich von 150 bis 680 °C als Wärmeüberträger verwenden. Nachteilig ist die Aggressivität der Salzschmelze und die Explosivität mit organischen Substanzen. Ein Gemisch aus 53 % Kaliumnitrat, 7 % Natriumnitrat und 40 % Lithiumnitrat läßt sich von 150 bis 450 °C einsetzen. Für hohe Temperaturen eignet sich Kupfer(II)-chlorid, das ab 630 °C eingesetzt werden kann, und Magnesiumchlorid, das ab 712 °C verwendbar ist.

d) Metallbäder. Wegen ihres niedrigen Schmelzpunktes (bis 250 °C) und ihrer guten Wärmeleitfähigkeit eignen sich einige Legierungen gut als Badflüssigkeit, z. B. Lipowitzsches Metall, Woodsches Metall, Roses Metall, Lotlegierungen. Auch Blei wird als H. verwendet.

e) Sonstige Heizbadflüssigkeiten. Konz. Schwefelsäure diente früher in Schmelzpunktapparaturen zur Wärmeübertragung. Ein Gemisch von Diphenylether und Diphenyl wird in der Industrie wegen seiner relativen Ungefährlichkeit bis zu seinem Azeotroppunkt bei 225 °C verwendet; in geschlossenen Systemen unter Druck von 0,6 MPa kann es bis 350 °C eingesetzt werden.

Heizbäder. Tab.: Verwendbarkeit der gebräuchlichsten Flüssigkeiten.

verwendbar bis °C Badflüssigkeit
100
105
108
120
135
170
180
180
200
200
220
240
250
255
270
300
300
350
360
360
Wasser
kaltgesättigte Lösung von Natriumcarbonat
kaltgesättigte Lösung von Natriumchlorid
kaltgesättigte Lösung von Natriumnitrat
kaltgesättigte Lösung von Kaliumcarbonat
Glycerin
kaltgesättigte Lösung von Calciumchlorid
Hochdruckwasser 1,2 MPa
Paraffinöl
konz. Schwefelsäure
Mepasin
Diglycol
Paraffin
Diphyl
Triethylenglycol
Siliconöle
Heißdampfzylinderöl
Diphyl unter 0,6 Mpa
Kieselsäurepentylester
Tetraarylsilicat (TAS)

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