Direkt zum Inhalt
Login erforderlich
Dieser Artikel ist Abonnenten mit Zugriffsrechten für diese Ausgabe frei zugänglich.

Zahlentheorie: Hochempfindliche Primzahlen

Auch wenn sie bisher kein konkretes Beispiel dafür finden konnten, haben Mathematiker die Existenz einer weit verbreiteten Art von Primzahlen bewiesen. Ihre Unteilbarkeit geht allerdings bereits bei der kleinsten Veränderung verloren.
Ein Haufen Pappkärtchen mit verschiedenen Ziffern und Rechensymbolen.

294 001, 505 447 und 584 141: Fällt Ihnen etwas Besonderes an diesen Zahlen auf? Vielleicht haben Sie erkannt, dass es sich um Primzahlen handelt – aber tatsächlich besitzen sie eine weitere erstaunliche Eigenschaft. Verändert man eine der Ziffern in eine beliebige andere, dann haben sie plötzlich (neben eins und sich selbst) zusätzliche Teiler. Ersetzt man beispielsweise die 1 in 294 001 durch eine 7, lässt sich das Ergebnis restlos durch sieben dividieren; verwandelt man die 1 hingegen in eine 9, ist das Resultat durch drei teilbar.

Solche Zahlen heißen schwache Primzahlen – und sind relativ junge Forschungsobjekte. 1978 fragte sich der Mathematiker Murray Klamkin (1921-2004) erstmals, ob es Primzahlen mit derartigen Merkmalen gibt. Sein berühmter ungarischer Kollege Paul Erdős (1913-1996) fand kurz darauf eine Antwort. Er bewies, dass unendlich viele schwache Primzahlen existieren – und zwar in jedem beliebigen Zahlensystem, etwa unter den binären Zahlen zur Basis zwei. Seither gab es auf dem Gebiet mehrere Fortschritte. Wie der Fields-Medaillen-Gewinner Terence Tao 2011 beispielsweise zeigte, ist ein »positiver Anteil« der Primzahlen schwach, das heißt, ihr durchschnittlicher Abstand bleibt in etwa gleich – sie werden unter wachsenden Primzahlen nicht seltener.

Angesichts dieser Ergebnisse hat Michael Filaseta von der University of South Carolina das Konzept weiterentwickelt und ist dabei auf eine neue Klasse von Primzahlen gestoßen. Er fragte sich, was passiert, wenn man eine unendliche Kette vorangehender Nullen mit einbezieht, also statt 53 die Zahl …0000000053 betrachtet. Gewinnt sie zwangsläufig an Teilern, sobald man irgendeine der Nullen oder der anderen Ziffern durch einen beliebigen unterschiedlichen Wert ersetzt?

Von »Spektrum der Wissenschaft« übersetzte und bearbeitete Fassung des Artikels »Mathematicians Find a New Class of Digitally Delicate Primes« aus »Quanta Magazine«, einem inhaltlich unabhängigen Magazin der Simons Foundation, die sich die Verbreitung von Forschungsergebnissen aus Mathematik und den Naturwissenschaften zum Ziel gesetzt hat.

Kennen Sie schon …

Spektrum Kompakt – Pi ist überall - Die fabelhafte Welt der Mathematik

Häufiger als man denkt, schleicht sie sich in unseren Alltag ein: Die Kreiszahl Pi spielt nicht nur eine Rolle bei runden Flächeninhalten, sondern auch bei Lebenssimulationen, Streichhölzern oder Billardspielen - und obwohl sie seit jeher fasziniert, wirft ihr Vorkommen noch immer Fragen auf.

Spektrum - Die Woche – »Das fühlt sich an wie eine Narkose«

Menschen im Winterschlaf? Was in dieser Zeit mit dem Körper passieren würde und wieso die Raumfahrt daran so interessiert ist, lesen Sie im aktuellen Titelthema der »Woche«. Außerdem: Zwischen den Zeilen einer Heiligenschrift aus dem Jahr 510 lässt sich das Alltagsleben am Donaulimes entdecken.

Spektrum der Wissenschaft – Das Geheimnis der Dunklen Energie

Seit ihrer Entdeckung ist der Ursprung der Dunklen Energie rätselhaft. Neue Teleskope und Theorien sollen Antworten geben. Außerdem: Mit DNA-Spuren aus Luft oder Wasser lässt sich die Verbreitung verschiedenster Arten störungsfrei erfassen. Lassen sich riesigen Süßwasservorkommen, die unter mancherorts unter dem Meeresboden liegen, als Reserven nutzen? RNA-Ringe sind deutlich stabiler als lineare RNA-Moleküle und punkten daher als Arzneimittel der nächsten Generation. Ein Mathematiker ergründete auf Vanuatu, wie die Sandzeichnungen der Bewohner mit mathematischen Graphen zusammenhängen.

Schreiben Sie uns!

1 Beitrag anzeigen

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

  • Quellen

Filaseta, M., Juillerat, J.: Consecutive primes which are widely digitally delicate. ArXiv: 2101.08898, 2021

Filaseta, M., Southwick, J.: Primes that become composite after changing an arbitrary digit. Mathematics of Computation 90, 2021

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.