Direkt zum Inhalt

Atomkerne: Ungleich verteilte Antimaterie im Innersten des Atoms

Protonen enthalten neben Quarks auch kurzlebige Antiquarks. Eine bestimmte Sorte von ihnen scheint es dabei besonders häufig zu geben.
Atomkern

Im Inneren von Atomkernen scheinen manche Formen von Antimaterie etwas häufiger zu sein als andere. Das berichtet ein internationales Forscherteam nach anspruchsvollen Versuchen mit Wasserstoffatomen, deren Kern aus einem einzelnen Proton besteht. Dieses ist nach gängiger Auffassung einerseits aus zwei up-Quarks und einem down-Quark aufgebaut – so die Namen der zwei leichtesten der insgesamt sechs Quarksorten. Um das Trio herum wabert außerdem ein See aus kurzlebigen Quark-Antiquark-Paaren, die ständig so genannte Gluonen austauschen. Letztere sind die Botenteilchen der starken Kernkraft, die Nukleonen zusammenhält.

Antiquarks sind von ihren physikalischen Eigenschaften her die Spiegelbilder der Quarks, sie gibt es ebenfalls in sechs Varianten. Antidown-Quarks scheinen dabei in Protonen etwas häufiger vorzukommen als Antiup-Quarks, berichtet das Team um Jason Dove von der University of Illinois nun in »Nature«. Es hat über zwei Jahrzehnte hinweg am US-Forschungszentrum Fermilab ein Experiment namens SeaQuest aufgebaut, das dem Meer aus Quark-Antiquark-Paaren im Inneren des Protons seine Geheimnisse entlocken soll.

Einfaches Atommodell | Der Kern eines Atoms besteht aus Protonen und Neutronen, die wiederum aus jeweils drei Quarks bestehen. Nicht sichtbar in dieser Illustration: Neben diesen »Valenz«-Quarks enthalten die Kernbausteine ein Meer aus Quarks und Antiquarks, die immer wieder binnen Sekundenbruchteilen entstehen und sich kurz darauf gegenseitig auslöschen.

Die Forscher beschossen dazu zwei Behälter mit Wasserstoffgas – in einem befand sich das neutronenhaltige Isotop Deuterium – mit Protonen von außerhalb. Beschleunigt man Letztere auf die richtige Geschwindigkeit, treten bei einer Kollision Quarks aus dem einen Atomkern mit Antiquarks im anderen in Wechselwirkung und löschen sich dabei aus. Dabei entstehen unter anderem so genannte Myonen – große Brüder des Elektrons, welche die Wissenschaftler leicht mit Detektoren nachweisen können.

Aus der Bahn der Myonen ließ sich letztlich nachvollziehen, auf was für eine Antiquark-Sorte sie zurückgingen. Dabei stieß das Team auf den Überschuss an Antidown-Quarks in Protonen. Sie scheinen dort etwa 40 Prozent häufiger zu sein als Antiup-Quarks. Sollte das stimmen, hätte das wohl Folgen für andere Bereiche der Experimentalphysik, etwa am Large Hadron Collider, wo Forscher Protonen fast mit Lichtgeschwindigkeit aufeinander feuern und das Trümmerfeld sezieren. Noch aber mahnen unbeteiligte Experten zu Vorsicht: So widersprechen die SeaQuest-Ergebnisse in mancher Hinsicht den Daten eines weniger genauen Vorgängerexperiments, was sich die Forscher bislang nicht recht erklären können.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.