Direkt zum Inhalt

Lernen: Aktive Schulstunden machen Kinder klüger

Sitzen gilt als das neue Rauchen, und doch lässt man bereits Grundschulkinder stundenlang auf einem Stuhl sitzen. Dabei täte mehr Bewegung im Unterricht langfristig auch dem Kopf gut.
Lehrerin und zwei Kinder stehen an der Tafel, im Vordergrund sitzen andere Kinder in den Schulbänken.
Ein Foto von einer Schulklasse, auf dem zwei Kinder nicht sitzen, sondern stehen: Danach muss man eine Weile suchen. Meist steht nur die Lehrerin vor der Tafel. (Symbolbild)

Zum Kopfrechnen stehen die Kinder auf, sie hüpfen beim Buchstabieren und erzählen Geschichten mit Armen und Beinen: So sah zwei Jahre lang der Unterricht in einer Grundschule in Brasilien aus. Eine Forschungsgruppe wollte auf diese Weise herausfinden, ob Bewegung im Unterricht die kognitive Entwicklung der Kinder fördert. In der Fachzeitschrift »Scientific Reports« zieht das Team um den Sportpädagogen David Oliveira von der Universidade Federal de Sergipe in São Cristóvão jetzt ein positives Fazit.

Zwei Schulklassen dienten als Kontrollgruppe; für sie fand die Schule wie üblich vor allem im Sitzen statt. Zwei weitere Klassen wurden dagegen in sechs Fächern regelmäßig animiert, aufzustehen und sich lernbegleitend zu bewegen. Die Lehrerinnen und Lehrer bekamen vom Forschungsteam in wöchentlichen Treffen Anleitung, wie sie die körperliche Aktivität in den Lehrplan integrieren konnten, und zwar in Portugiesisch, Mathematik, Geografie, Geschichte, Naturwissenschaften und Kunst. Die konkrete Umsetzung blieb ihnen überlassen und war entsprechend nicht standardisiert.

Zwei Jahre lang überprüften die Forschenden nun wiederholt die kognitiven Leistungen der Grundschulkinder mit computergestützten Tests. Sie erfassten erstens die selektive Aufmerksamkeit mittels einer Suchaufgabe, zweitens die Reaktionskontrolle an einer virtuellen Ampel und drittens die Fähigkeit zur mentalen Rotation, dem gedanklichen Drehen von Figuren, ein klassischer Test für räumliche Intelligenz.

Die Klassen mit Bewegungsprogramm profitierten nur in einem Punkt nicht: in der Geschwindigkeit, mit der sie die Suchaufgabe lösten. Aber was die Zahl der richtigen Lösungen anging – beim Suchen, an der Ampel und beim mentalen Rotieren –, verbesserten sich die Bewegungsklassen stärker als die Kontrollgruppe. Die Kinder hatten in den Tests vor Beginn der Intervention schlechter abgeschnitten, den Rückstand jedoch schon nach drei Monaten aufgeholt. Offenbar waren die Interventionsklassen nicht zufällig ausgewählt worden, wie die Forschenden einräumen: Unter den Kindern waren zum Beispiel etwas mehr Jungs.

Bislang hätten die meisten Studien die Wirkung von Sport außerhalb von Schulstunden untersucht, berichten Oliveira und sein Team. Doch sie halten es für aussichtsreicher, Bewegung in den Unterricht zu integrieren, besonders in Ganztagsschulen. Eine Übersichtsstudie zur Wirkung von aktiven Schulstunden habe bereits deutliche Effekte auf den Lernerfolg nachgewiesen, nicht aber auf die kognitiven Fähigkeiten. Das Mehr an Bewegung beschränkte sich allerdings auf höchstens eine halbe Stunde pro Schultag und nur auf ein halbes Jahr – womöglich zu wenig und zu kurz, um die kognitive Entwicklung zu fördern.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.