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Bioplastik: Besser kompostierbare Biokunststoffe

Bioplastik sollte nicht nur aus biologischen Quellen stammen, sondern in Kompost und Umwelt möglichst schnell zerfallen. Das klappt nicht so gut, lässt sich vielleicht aber ändern.
Plastikmüll im Meer

Die beliebten Biokunststoffe aus PLA – die Polymilchsäuren oder Polylactide – haben verschiedene Vorteile: Sie sind kostengünstig, entstehen aus natürlichen pflanzlichen Rohmaterialien wie Mais- oder Kartoffelstärke und können demnach CO2-neutral beim Verbrennen sein, sie lassen sich für unterschiedliche Materialanforderungen leicht verändern und sind biologisch abbaubar – zumindest im Prinzip. Tatsächlich zerfällt der oft für Verpackungen, Agrartechnik oder Wegwerfbesteck verwendete Biokunststoff allerdings nur bei bestimmten Bedingungen wie höherer Temperatur in industriellen Kompostieranlagen ausreichend schnell. In der Biotonne zu Hause, nach dem Wegwerfen in die Umwelt, dem Unterpflügen im Acker oder im Ozean kann es dagegen viele Monate oder gar Jahre brauchen, bis der Kunststoff aus polymerisierten Lactiden völlig zerfällt. Das lässt sich aber ändern – mit gezielt eingebauten chemischen Sollbruchstellen, berichtet nun ein Forscherteam aus Holland, Polen und vom Max-Planck-Institut für Polymerforschung in Mainz.

Die Polymerforscherinnen und -forscher um Frederik Wurm von der Universität Twente haben den Zerfall von PLA-Plastikprodukten im Meerwasser in den Blick genommen. Untersuchungen hatten zuvor gezeigt, dass es mit der Bioabbaubarkeit hier nicht sehr weit her ist: PLA sieht im Vergleich zu anderen Plastikalternativen selbst nach einem Jahr im Meer noch aus wie zuvor. Die Wissenschaftler suchten nach Wegen, den Kunststoff auch unter natürlichen Bedingungen anfälliger zu machen, ohne seine technisch gewünschten Materialeigenschaften zu sehr zu verändern.

Wurm und Kollegen testeten schließlich den Einbau von Phosphatesterbrücken in PLA – ganz ähnlichen chemischen Verbindungen, wie sie etwa in natürlichen RNA-Molekülen vorkommen. RNA zerfällt unter anderem wegen dieser Phosphatester unter natürlichen Bedingungen sehr schnell durch Hydrolyse, und auch die Enzyme vieler Mikroorganismen sind darauf spezialisiert, Molekülketten hier anzugreifen und zu zerlegen. Das Team um Wurm veränderte PLA durch eine bei der Polymerisierung kontrollierte, unterschiedlich gründliche intramolekulare Transveresterung – fügte also unterschiedlich viele Phosphatesterbrücken in unterschiedlichen, definierten Abständen in die Polylactidkette ein.

Dann testeten die Forschenden, wie schnell die Produkte sich im Meerwasser zersetzen. Sie maßen dazu in regelmäßigen Zeitintervallen die Dicke der Kunststoffe und die Freisetzung von Milchsäure, dem Abbauprodukt von PLA. Dabei zeigte sich: je mehr chemische Sollbruchstellen, desto schneller der Abbauprozess. PLA-Ketten, die zu 15 Prozent aus transveresterten, modifizierten Ketten bestanden, zerfielen innerhalb von zwei Wochen vollständig in Milchsäure. Je weniger angreifbare Ester in der Kette, desto länger dauert der Abbau: Die Dauer der Bioabbaubarkeit durch Hydrolyse ließe sich mit diesem Prozess demnach gezielt von Tagen bis hin zu Jahren steuern, schreiben die Autoren in ihrer Veröffentlichung im Fachblatt »Journal of the American Chemical Society«. Wichtig sei zudem, dass sich die thermischen und mechanischen Materialeigenschaften des Kunststoffs nicht wesentlich verändern, solange nicht zu viele chemische Sollbruchstellen eingebaut sind.

Der Einbau von Phosphatester-Sollbruchstellen könnte ein universeller Ansatz sein, mit dem die Bioabbaubarkeit auch von anderen Polymeren erhöht werden kann, hoffen die Forscher – und das sowohl im Meerwasser wie auch im Boden. Dies wäre dann ein wichtiger Schritt hin zu weniger umweltbelastenden Kunststoffprodukten.

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