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Impfung: Eilanträge von Eltern gegen Masern-Impfpflicht in Karlsruhe

Sie sind nicht generell gegen Impfen, aber gegen staatlichen Zwang. Familien haben beim Bundesverfassungsgericht Eilanträge und Verfassungsbeschwerden zur Masern-Impfpflicht eingereicht.
Die Masern-Impfung ist wirksam und sicher.

Vertreter mehrerer Familien mit Kleinkindern haben am 1. März 2020 beim Bundesverfassungsgericht Eilanträge und Verfassungsbeschwerden gegen das Gesetz zur Masern-Impfpflicht abgegeben. Zum stärkeren Schutz vor hoch ansteckenden Masern gilt seit diesem Datum eine Impfpflicht für Kinder in Kitas und Schulen. Eltern müssen nun vor der Aufnahme nachweisen, dass ihre Kleinen geimpft sind. Für Kinder, die schon zur Kita oder zur Schule gehen, muss der Nachweis bis zum 31. Juli 2021 erfolgen.

Die in Karlsruhe klagenden Eltern sehen das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit der Kinder, das Erziehungsrecht der Eltern und Gleichheitsgrundsätze verletzt. Bei den Beschwerdeführern handelt es sich um vier Familien aus Hessen, Sachsen und Schleswig-Holstein. In zwei Fällen, in denen die Eltern nach der Elternzeit wieder in den Beruf zurückkehren müssen und für die die Kinderbetreuung existenziell ist, wurden Eilanträge beantragt.

Weitere Verfassungsbeschwerden sind in Vorbereitung -darunter von Familien, deren Kinder im Sommer in die Schule kommen. Auch eine Kinderärztin aus Sachsen und ein Kinderarzt aus Baden-Württemberg wollen klagen: wegen des staatlichen Eingriffs in das Arzt-Patienten-Verhältnis. Die Eltern werden von der Initiative freie Impfentscheidung und dem Verein Ärzte für individuelle Impfentscheidung e. V. unterstützt.

Eltern kritisieren, dass es keinen Einzelimpfstoff gibt

Ein Grund für die Beschwerde: Eltern, die sich gegen die Masernimpfung entscheiden oder erst später impfen wollten, werde jede Möglichkeit einer externen Betreuung ihrer Kinder genommen, heißt es. Die Koppelung der Impfpflicht an den Kita-Zugang sei eine unverhältnismäßige Belastung, heißt es weiter. Es gebe – anders als bei Pocken – bei Masern keine akute Bedrohungslage, in Deutschland bereits eine sehr hohe Impfungsrate und vergleichsweise wenige Erkrankungen.

Auch sei der Impfzeitpunkt »der weltweit früheste und durch wissenschaftliche Studien nicht ausreichend gerechtfertigt«. Kritisiert wird auch, dass es in Deutschland keinen Einzelimpfstoff nach dem Beispiel der Schweiz gegen Masern gibt, sondern nur Mehrfach-Impfstoff (Masern, Mumps und Röteln oder Masern, Mumps, Röteln und Windpocken). Damit schließe das Gesetz die Impfung gegen Mumps und Röteln sowie eventuell auch gegen Windpocken ein. »Somit entscheiden die Impfstoff-Hersteller über die Ausgestaltung der Impfpflicht«, sagen die Beschwerdeführer.

Wann das Bundesverfassungsgericht über die Eilanträge und die Verfassungsbeschwerden entscheidet, ist noch nicht absehbar.

Die Masern-Impfung ist sicher und wirksam

Seit Jahrzehnten impfen Ärzte gegen Masern, Mumps und Röteln. In Absprache mit der Weltgesundheitsorganisation hatte sich Deutschland das Ziel gesetzt, die Masern bis zum Jahr 2015 auszurotten. Um es zu erreichen, müssten mindestens 95 Prozent der Menschen zweimal gegen den Erreger geimpft sein. Das jedoch ist bisher nicht der Fall, weil zu viele Kinder die zweite Spritze nicht rechtzeitig erhalten.

Die Impfung ist sicher und wirksam. Dass manche Eltern die Masern-Impfung ablehnen, hat auch mit Fehlinformationen zu tun. Das Vakzin führt beispielsweise nicht zu Autismus, wie eine Studie einst falsch behauptet hat. Die Untersuchung wurde 2010 vom verantwortlichen Journal »The Lancet« wegen offenkundiger Fehler, »unethischer Forschungsmethoden« und einer «unverantwortlichen Darstellung der Ergebnisse« zurückgezogen. (dpa/asw)

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