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Sozialpsychologie: Einer für alle

In bunt zusammengewürfelten Gruppen geht es Übeltätern eher an den Kragen.
Gruppe vs. Normverletzer

Ob rauchende U-Bahnfahrer oder lärmende Nachbarn – solche Störenfriede zurechtzuweisen, traut sich nicht jeder. Unter welchen Bedingungen tun wir es eher? Wie Wojtek Przepiorka von der University of Oxford und Andreas Diekmann von der ETH Zürich berichten, avanciert in einer Gruppe von Menschen meist derjenige zum "Ordnungshüter", der am wenigsten zu befürchten hat.

Leiden alle unter einem Unruhestifter, entsteht ein so genanntes Freiwilligen-Dilemma. Wenn jeder darauf wartet, dass ein anderer handelt, ändert sich nichts an der unangenehmen Situation. Im Experiment wurden die Probanden in eine solche Lage versetzt. Jeder Versuchsteilnehmer erhielt ein Startkapital; der erwirtschaftete Gewinn konnte nach dem Spiel in Geld eingelöst werden. Einem Teilnehmer je Viererteam fiel dabei stets die Rolle des "Diebs" zu: Er bereicherte sich am Budget der anderen Drei, während diese jeweils für sich entscheiden mussten, ob sie das Diebesgut zurückverlangen sollten – was allerdings wertvolle Geldpunkte kostete.

Mangels Absprache blieb die Sanktionierung ineffektiv – mal bestrafte niemand, und das Geld war verloren, mal bestraften mehrere Partner und verschwendeten so unnötig viele Punkte. Kostete die "Bestohlenen" eine Sanktionsmaßnahme jedoch unterschiedlich viel, so wurde das Geld häufiger zurückgefordert. Der Spieler mit den niedrigsten Kosten sollte nach allgemeinem Dafürhalten den schwarzen Peter austeilen.

"Von dieser Person erwarteten die anderen, dass sie die Kohlen aus dem Feuer holt", erklärt Andreas Diekmann. "Ansonsten ging die ganze Gruppe leer aus." Soziale Kontrolle unterliegt laut den Wissenschaftlern demnach einem unausgesprochenen Kosten-Nutzen-Denken: Bestrafen solle derjenige, der dabei am wenigsten Kraft aufwenden muss.

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