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Entwicklung: Embryonen fracken sich selbst

In Mausembryonen entsteht durch hydraulische Rissbildung ein zunehmend großer Hohlraum. Dieser Prozess ist auch als »Fracking« bekannt. Mäusezellen aktivieren das selbst.
Embryo der Maus am 11. Tag.

Mausembryonen bilden ihren ersten Hohlraum durch hydraulischen Druck – ähnlich dem Fracking für die Öl- und Gasförderung, bei dem eine unter Druck gesetzte Flüssigkeit im Gestein Risse erzeugt. Dafür pumpen die Zellen aktiv Ionen in ihren Zwischenraum, so dass durch den osmotischen Druck Wasser nachströmt. Zuerst formen sich bei Mausembryonen kleine Blasen zwischen verschiedenen Zellen, schreibt das Team um Jean-Léon Maître von der Sorbonne University in Paris im Fachjournal »Science«. Durch den Druck des einströmenden Wassers reißen bestehende Zellkontakte auseinander und die Bläschen wachsen weiter. Sie fließen schließlich in einem großen Volumen zusammen – ein energetisch günstigerer Zustand. Das ist ein wichtiger Schritt in der Embryonalentwicklung: Zum ersten Mal wird der zusammenhängende Zellverbund voneinander gelöst.

Das Resultat passt zu früheren Ergebnissen, nach denen der Druck im entstandenen Hohlraum Embryonen und erste Zelltypentscheidungen beeinflusst. Der entstehende Hohlraum, das so genannten Blastocoel, bildet sich zwischen den zwei Komponenten der Blastozyste: die innere Zellmasse, die einmal die Maus bilden wird, und das Trophoektoderm, die spätere Plazenta. Welche Proteine bei der Entstehung des Hohlraums eine Rolle spielen, erforschte die Arbeitsgruppe mit Chimären aus gesunden Embryonen und solchen, bei denen jeweils ein Protein fehlte. Zusätzlich simulierten sie die Kräftewirkungen im Computermodell. Dabei zeigte sich, dass neben einem Protein, das für den Zusammenhalt der Zellen sorgt, auch sich aktiv zusammenziehende Zellen die Hohlraumbildung steuern. Dass die mechanischen Eigenschaften von Flüssigkeit an der Embryonalentwicklung beteiligt sind, ist bisher vor allem bei Pflanzen bekannt. Dort bestimmen Flüssigkeiten einen Großteil der Morphogenese.

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