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Gentechnik: Flexibler Sonnenschutz lässt Pflanzen besser wachsen

Wechselnde Lichtverhältnisse stören die pflanzliche Energiegewinnung. Durch optimierten Sonnenschutz machen Forscher sie jetzt rund 15 Prozent produktiver.
Maisfeld vor leicht bewölktem Himmel

Auch Pflanzen leiden in der prallen Mittagssonne. Sie brauchen zwar Licht zur Energiegewinnung, doch bei direkter Bestrahlung müssen sie die Fotosynthese drosseln – sonst gibt es Schäden an den Zellen. Ihr eingebauter Sonnenblocker hat allerdings einen Nachteil: Wird er nicht mehr gebraucht, zum Beispiel, wenn eine Wolke Schatten spendet, passt er sich nur langsam an die veränderten Bedingungen an. Dadurch bleibt viel Lichtenergie ungenutzt.

Pflanzen so zu verändern, dass sie vorhandenes Licht bei gleichem Sonnenschutz besser nutzen, war das Ziel von Forschern um Johannes Kromdijk von der University of Illinois in Urbana-Champaign. Das ist ihnen nun gelungen: Ihre genmanipulierten Gewächse gewannen mehr Energie aus den Sonnenstrahlen, sie verarbeiteten auch mehr CO2 und wurden auf dem Feld größer und schwerer als ihre unveränderten Verwandten.

Drei Gene der Ackerschmalwand ermöglichten den Wachstumsschub. Die Forscher übertrugen diese mit Hilfe von Bakterien in Tabakpflanzen. Tabak wählten sie, weil er sich mit einfachen Methoden bearbeiten lässt. Das Prinzip sollte aber bei anderen Pflanzen ähnlich funktionieren, hoffen die Wissenschaftler.

Ganz fremd sind die so eingefügten Gene der Tabakpflanze nicht: Sie produziert auch ohne Hilfe dieselben Sonnenschutzkomponenten. Durch die zusätzlichen Gene kann sie aber noch mehr dieser Stoffe erzeugen. Das hilft ihr, bei passenden Lichtverhältnissen schneller wieder die Energiegewinnung anzukurbeln. In den zweieinhalb Minuten nach einem Lichtwechsel von hell auf dunkel können die veränderten Pflanzen so rund neun Prozent mehr CO2 abbauen und in Biomasse umwandeln. An Schutzwirkung verliert das System dennoch nicht – die genetisch veränderten Keimlinge waren vor gefährlich hohen Strahlenmengen mindestens genauso gut geschützt wie unbehandelte Vergleichspflanzen.

In freier Natur kämpfen Pflanzen mit ständig wechselnden Lichtverhältnissen. Wolken spenden immer wieder Schatten, aber auch Blätter derselben oder einer benachbarten Pflanze schirmen Sonnenstrahlen ab. Durch Wind und den sich im Lauf des Tags ändernden Sonnenstand ist die Bestrahlung der Pflanze sehr dynamisch. Hier hat das veränderte System besonders große Auswirkungen, wie ein Feldversuch der Wissenschaftler zeigt: Der genetisch modifizierte Tabak wurde im vergangenen Sommer außerhalb des amerikanischen Orts Urbana angebaut und wuchs im Schnitt 15 bis 20 Prozent besser als unveränderte Pflanzen am gleichen Feld.

Dieser Effekt ist enorm und könnte besonders Nutzpflanzen erhebliche Vorteile bieten. Mais oder Getreide mit ähnlich erhöhtem Ertrag könnten bei gleicher Anbaufläche 15 Prozent mehr Menschen ernähren, und so nach Meinung der Forscher vielleicht zur Bekämpfung des Welthungers beitragen. Die Methode bei anderen Pflanzen anzuwenden, ist das Langzeitziel des Teams, dessen Studie von der Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung finanziert wurde. Bislang haben die Forscher ihr System nur an Tabakpflanzen erprobt. In gleicher Weise veränderten Reis wollen sie jedoch bald testen. Die University of Illinois strebt bereits ein Patent für diese Innovation an.

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