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News: Globaler Algenschwund

Mikroskopisch kleine, marine Algen sollen dabei helfen, das globale Klimaproblem zu lösen, indem sie eifrig wachsen und so das Treibhausgas Kohlendioxid speichern. Doch von eifrigem Wachsen kann offenbar keine Rede sein.
Für große Probleme gibt es oft kleine Lösungen. So hoffen viele Wissenschaftler im Falle der globalen Erwärmung auf die tatkräftige Mithilfe winziger Organismen in den Ozeanen, des Phytoplanktons: Die Algen sollen die steigenden Kohlendioxidgehalte abpuffern, indem das Gas ihr Wachstum ankurbelt und somit der Atmosphäre entzogen wird. Derzeit bindet das Phytoplankton durch die Photosynthese bereits etwa die Hälfte des atmosphärischen CO2 in Biomasse.

Allein die Frage bleibt, inwieweit diese theoretischen Erwartungen der Praxis entsprechen. Es ist allerdings sehr schwer, den tatsächlichen Einfluss des Phytoplanktons abzuschätzen. Schließlich leben die planktischen Organismen nicht gleichmäßig in den Meeren verteilt, sondern konzentrieren sich auf die nördlichen Ozeane, und außerdem sind sie keineswegs ortstreu, sondern werden von Wind und Wellen ständig verdriftet.

Um die mikroskopischen Lebewesen im Auge zu behalten, überwachen Forscher den Chlorophyllgehalt der Meeresregionen aus dem All. Den Anfang machte 1978 der Nimbus-7-Satellit der NASA, der bis 1986 mit dem Coastal Zone Color Scanner (CZCS) die Chlorophyll- und Gelbstoffgehalte des Wassers erfasste. Zu den Nachfolgern gehört seit September 1997 der OrbView-2-Satellit, der mit dem Sea-Viewing Wide Field of View Sensor (SeaWiFS) ähnliche Werte aufzeichnet.

Watson Gregg vom Goddard Space Flight Center und Margarita Conkright von der National Oceanic and Atmospheric Administration haben nun Datenreihen von CZCS und SeaWiFS verglichen und sind zu einem alarmierenden Ergebnis gekommen: Die globale Planktondichte hat in den letzten zwei Jahrzehnten um 30 Prozent abgenommen. Zwar legten die Algen in den äquatorialen Regionen über 50 Prozent zu, doch den Schwund in den höheren Breiten – 14 Prozent im Nordatlantik und über 30 Prozent im Nordpazifik – konnten sie damit nicht ausgleichen.

Wie es zu diesem Rückgang kommt, darüber können die Wissenschaftler nur spekulieren. Anscheinend existiert ein Zusammenhang mit kürzlichen regionalen Klimaveränderungen wie höheren Oberflächentemperaturen des Wassers und schwächeren Winden. So stiegen die sommerlichen Oberflächentemperaturen im Nordpazifik seit den frühen achtziger Jahren bis heute um 0,4 Grad Celsius, während die im Frühjahr wehenden Winde um acht Prozent zurückgingen.

Müssen die Abschätzungen, wieviel der ansteigenden CO2-Gehalte die winzigen Algen abpuffern können, nun korrigiert werden? Dazu müssen die scharfen Satelliten-Augen erst noch mehr über das Speicherpotenzial des marinen Phytoplanktons und der Entwicklung seiner Lebensgemeinschaften verraten. Seit März 2002 haben sie dafür noch einen neuen Kollegen: Envisat, den Umweltsatelliten der Europäischen Weltraumorganisation, auf dessen Messprogramm ebenfalls Chlorophyllkonzentrationen stehen.

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