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Architektur: Das Büro der Zukunft

Großraumbüros verursachen gesundheitliche Probleme und mindern die Produktivität. Spezielle Designs für Gehörlose und Autisten liefern Hinweise, wie man den Bedürfnissen aller Mitarbeiter besser gerecht werden könnte.
Mehrere Mitarbeiter sitzen an Schreibtischen in einem Großraumbüro
Großraumbüros, die wenig vielseitig gestaltet sind, werden nur selten den Bedürfnissen aller Mitarbeiter gerecht.

Im Jahr 1967 mussten einige Mitarbeiter des US-amerikanischen Chemiekonzerns DuPont ihre Schreibtische räumen: Eine Etage des Bürogebäudes am Standort Delaware sollte völlig neu gestaltet werden. Fortan saßen die Angestellten in einem einzigen großen Raum, voneinander separiert nur durch einige niedrige Trennwände. Eine Sitzecke mit modernen Designermöbeln sollte den kollegialen Austausch fördern. Das Bürokonzept »Open Space« – ein modern eingerichtetes Großraumbüro – basierte auf den Ideen deutscher Architekten, die Hierarchien durch bauliche Maßnahmen abbauen und mehr Möglichkeiten zur Zusammenarbeit schaffen wollten.

In ihrem neuen Open-Space-Büro – einem der ersten in den USA – arbeiteten die Beschäftigten an der Herstellung eines Kältemittels. 20 Jahre später wurde es aus dem Sortiment genommen, da es Treibhausgase enthielt, die die Ozonschicht zerstörten. Das Bürokonzept hingegen überlebte und breitet sich bis heute weiter aus. Laut einer Umfrage der weltweit tätigen Architekturfirma Gensler saßen 2020 zwei Drittel aller Fachkräfte in den USA an einem solchen Arbeitsplatz.

Das Problem: Die meisten Menschen wollen nicht in Open-Space-Büros arbeiten – zumindest, wenn es dort keine Rückzugsmöglichkeiten gibt. Das ergab bereits eine Studie von Kenneth E. Johnson, damals Vorsitzender der US-amerikanischen Architektur-Firma ISD Incorporated, die 1970 in der Zeitschrift des American Institute of Architects veröffentlicht wurde. Johnson hatte 358 Arbeitnehmer aus 18 Unternehmen zu ihren Wünschen bezüglich der Gestaltung von Büros befragt und gefolgert: »Nur wenige (...) mögen eine komplett offene Gestaltung ohne Privatsphäre.« Dutzende neuere Studien kommen zu ähnlichen Ergebnissen.

Inzwischen gilt als erwiesen, dass Open-Space-Büros eines ihrer wichtigsten Ziele – die Verbesserung der Zusammenarbeit – nicht erreichen. Das Gegenteil ist der Fall: Sie isolieren Arbeitnehmer voneinander. Zudem können mehr Gesundheitsprobleme auftreten, wie Wissenschaftler um Isabella Zhao von der University of Queensland (Australien) 2008 in einem Übersichtsartikel schrieben. Die Corona-Pandemie hat deutlich gemacht, wie schnell sich Viren an Arbeitsplätzen ausbreiten. Sitzen viele Menschen im selben Raum, sind sie dort etwa genauso vielen Keimen ausgesetzt wie Eltern von Kleinkindern, die Krankheitserreger aus Kitas oder Kindergärten mitbringen. Und noch etwas stellte sich während der Pandemie heraus: Die meisten Beschäftigten sind daheim genauso produktiv wie in ihren Büros. Fast ein Drittel der Arbeitnehmer möchte ausschließlich zu Hause arbeiten, wie Gensler in einer weiteren Umfrage von 2021 unter 2364 US-Amerikanern herausfand. Rund die Hälfte der Befragten wünschten sich hybrides Arbeiten mit zwei Präsenztagen pro Woche.

Geringere Heiz- und Mietkosten

Einige Unternehmen gehen auf die Wünsche ihrer Angestellten ein. Sie ermöglichen es ihnen, zumindest zeitweise im Homeoffice zu arbeiten, und sparen damit gleichzeitig Heiz- und Mietkosten. In manchen Büros herrscht aus diesem Grund neuerdings gähnende Leere. Um individuelle Vorlieben besser zu berücksichtigen und Produktivität sowie Zufriedenheit der Arbeitskräfte zu erhalten, braucht es neue Konzepte. Doch wie sehen die Büros der Zukunft aus? Bleiben Großraumbüros im Trend?

Zwei Ergebnisse psychologischer Studien sind besonders eindrücklich. Zum einen: Die Zusammenarbeit fällt in Open-Space-Büros schwerer als in kleineren Räumen. Das verdeutlichte bereits eine Umfrage unter rund 6000 Arbeitnehmern aus dem Jahr 1984 der New Yorker Firma BOSTI (Buffalo Organisation for Social and Technolocigal Innovation), die auf die Gestaltung von Arbeitsplätzen spezialisiert ist. Diejenigen, die in Open-Space-Büros arbeiteten, tauschten sich eigenen Angaben zufolge weniger mit anderen aus, um ihre Kollegen bei der Arbeit nicht zu stören, und sie mieden es, vertrauliche Themen anzusprechen. 2018 untermauerten Ethan S. Bernstein und Stephen Turban von der Harvard Business School diese Aussagen mit objektiven Analysen. Mit Sensoren verfolgten die Wissenschaftler die Bewegungen von 152 Mitarbeitern in zwei Unternehmen. Nach einem Umzug von Einzelbüros in Open-Space-Büros verringerte sich die Häufigkeit persönlicher Gespräche um rund 70 Prozent, während der Austausch über elektronische Medien zunahm.

Ein weiteres Resultat: Die Art der Tätigkeit und das Geschlecht beeinflussen, wie wohl man sich in einem Großraumbüro fühlt. Manchen Angestellten geht es dort recht gut: Während einfacher Tätigkeiten wie dem Abheften von Unterlagen können sie sich mit anderen austauschen. Doch gerade Frauen machen sich offenbar mehr Gedanken um ihr Äußeres. Laut einer 2018 veröffentlichten Studie von Alison Hirst und Christina Schwabenland von der University of Bedfordshire in England berichteten einige Frauen mit leitender Funktion, sie würden ihren Status nach einem Umzug in ein offenes Büro durch teure Designerkleidung betonen. Andere Frauen fühlten sich in den verglasten Räumlichkeiten wie auf dem Präsentierteller, was sie als »unangenehm« und »bedrückend« empfanden.

Das ausschließlich aus Männern bestehende Team, das für die Gestaltung der neuen Räumlichkeiten verantwortlich gewesen war, hatten sich nicht damit beschäftigt, wie sich Frauen dort fühlen würden, so die Autorinnen. Als Hirst und Schwabenland die Zuständigen interviewten, hätten diese das Geschlecht nur zweimal erwähnt, und manche Aussagen seien sehr kritisch zu sehen. So fiel etwa die Bemerkung, in einem Großraumbüro sei es schwieriger, eine Affäre zu haben.

Fester Schreibtisch oder freie Platzwahl?

Neben dem klassischen Großraumbüro gibt es einen zweiten Trend, der sich seit den 1990er Jahren ausbreitet: das nicht territoriale Büro. Hier sind den Mitarbeitenden keine festen Schreibtische zugewiesen, sondern sie müssen sie entweder vorab reservieren (»hoteling system«) – oder rechtzeitig im Büro sein, um einen freien Platz zu ergattern (»hot desking«). Der Firma Gensler zufolge arbeitete 2020 einer von zehn Arbeitnehmern in den USA nach diesem bedarfsorientierten, flexiblen Konzept. In einer Umfrage von Gensler sollten Arbeitnehmer angeben, ob sie gern im nicht territorialen Büro arbeiteten oder ob sie lieber einen zugewiesenen Schreibtisch hätten. Das Ergebnis: Rund die Hälfte der Befragten waren mit dem nicht territorialen Büro zufrieden, die anderen hätten lieber einen festen Platz.

Im Jahr 2008 befragten die Architektin Christina Bodin Danielsson von der Königlichen Technischen Hochschule in Stockholm und der Statistiker Lennard Bodin vom dortigen Karolinska-Institut 469 Angestellte in 26 unterschiedlich gestalteten Büros. Am unzufriedensten waren Männer und Frauen, die in Open-Space-Büros an ihnen zugewiesenen Schreibtischen arbeiteten. Auch ging es ihnen gesundheitlich schlechter als den anderen. Menschen, die sich einen Platz aussuchen konnten oder die in Einzelbüros saßen, ging es am besten. »Flexible Arbeitsplätze sind traditionellen Großraumbüros offenbar vorzuziehen, und in einigen Fällen scheinen diese sogar besser anzukommen als [private] Büros«, sagt Bodin Danielsson.

In nicht territorialen Büros gibt man zwar Privatsphäre auf. Doch dort ist es möglich, sich zu denjenigen Kolleginnen und Kollegen zu setzen, mit denen man sich austauschen möchte. Man kann sich auch in eine Ecke zurückziehen, um sich zu konzentrieren – sofern genug solcher Nischen vorhanden sind. Wenn es an Aufenthaltsräumen mangelte und die Gestaltung individuellen Vorlieben nicht gerecht wurde, waren die Beschäftigten dort unglücklich, wie Christina Bodin Danielsson und Töres Theorell (Universität Stockholm) 2018 feststellten. Das nicht territoriale Büro verliert demnach seine Vorzüge, wenn möglichst viele Mitarbeiter auf begrenzter Fläche untergebracht werden sollen.

Leider ist aber genau das häufig der Fall. In einer Studie von 2021 haben die Wirtschaftswissenschaftlerin Ingrid Nappi von der ENPC (École nationale des ponts et chaussées), einer Ingenieurhochschule nahe Paris, und ihre Kollegin Hajar Eddial von der Business School ESSEC (École Supérieure des Sciences Economiques et Commerciales) in Cergy, einem Vorort von Paris, 16 Manager und Unternehmensberater zu ihrer Entscheidung für das »hot desking« befragt.

Schräge Kalkulation

Die Verantwortlichen gaben an, dass sie so Miet- und Betriebskosten sparen wollten. Zwar war ihnen bewusst, dass womöglich versteckte Kosten entstünden – etwa durch eine geringere Produktivität oder mehr Krankheitstage – und dass diese die Ersparnisse aufwiegen könnten. Doch letztlich hatte das ihre Entscheidung nicht beeinflusst.

Wie lässt sich die Situation verbessern? Alonso Toledo Devoto, strategischer Leiter am Gensler Research Institute in San Francisco, und sein Team befragen Angestellte, um deren Büros passend zu gestalten. Buchhalter bekommen dann möglicherweise eine Mischung aus klassischen Arbeitsplätzen und Konferenzräumen, während sich Marketing-Spezialisten zwischen Sofaecken und Whiteboards ausbreiten können. Bei der Planung von Büroräumen hat sich darüber hinaus herausgestellt, dass es sich lohnt, die Bedürfnisse von gehörlosen und autistischen Menschen zu berücksichtigen.

»Ich habe mit der Geräuschkulisse in Großraumbüros schon immer Probleme gehabt«, sagt Gavin Bollard. Der australische IT-Manager ist Autist, benötigt ein Hörgerät und bloggt über seine Erfahrungen im Job. »Ich kann schwer einschätzen, wie laut ich spreche, und wenn andere versuchen, leise zu sein, verstehe ich sie nicht gut.« Autisten fühlen sich in großen Hallen häufig verletzlich und exponiert. Außerdem sind sie anfällig für sensorische Überlastung: Grelles Licht, Unordnung und Lärm führen bei ihnen zu Stress. Was für Autisten unerträglich ist, belastet allerdings auch andere Menschen. »Man entwickelt bessere Designs für die Allgemeinheit, wenn man die Bedürfnisse der Randgruppen berücksichtigt«, bestätigt die Architektin Magda Mostafa von der American University in Cairo (Ägypten), die sich auf inklusives Design am Arbeitsplatz spezialisiert hat.

Mostafa erklärt, wie Arbeitsplätze, die für Gehörlose und Autisten gestaltet wurden, die Situation für alle verbessern können. Da Autisten etwa sensorisch schnell überreizt sind (zum Beispiel durch grelles Neonlicht), ist ihre Toleranzgrenze meist schon überschritten, wenn andere Menschen die Beleuchtung noch ertragen, allerdings vielleicht schon Kopfschmerzen haben. Würden bei der Arbeitsplatzgestaltung die Bedürfnisse von Autisten stärker berücksichtigt, wäre letztlich also allen geholfen.

Kommunikation über Gebärdensprache,Gestik und Mimik

Die Gehörlosengemeinschaft hat ebenfalls viel Erfahrung bei der Gestaltung von Open-Space-Büros. Gehörlose bevorzugen meistens eine offene Gestaltung, denn diese ermöglicht es ihnen, über Gebärdensprache, Gestik und Mimik mit anderen zu kommunizieren. Andererseits wünschen sie sich nicht zu viel Freifläche, weil Bewegungen im Hintergrund sie ablenken und ihre Augen dadurch schnell ermüden. Der hör- und sehbehinderte Architekt Robert T. Sirvage hat in Zusammenarbeit mit Hansel Bauman und der Gallaudet University in Washington die »Deaf space«-Architektur entwickelt, die Leitlinien für gehörlosengerechtes Bauen beinhaltet.

Sirvage vergleicht zwei Architekturbüros, in denen er gearbeitet hat. Das erste war ein klassisches Großraumbüro mit in langen Reihen angeordneten Arbeitsplätzen. »Normalerweise mag ich keine Reihen«, sagt er. »Aber dort war es großartig.« Jedes Team habe eine Reihe belegt. Man konnte seine Skizzen und Unterlagen nach der Arbeit einfach liegen lassen und musste nichts wegräumen, da jeder seinen eigenen Platz hatte. Da alle nah beieinandersaßen, fiel es ihm leicht, mit seinen Teamkollegen zu kommunizieren. Das zweite Büro war unübersichtlich. Zwar war es stilvoll gestaltet, glich aber einem Labyrinth. Da die verschiedenen Teams keine eigenen Bereiche hatten, fiel es ihm schwer zu erkennen, wo sich welche Kollegen an einem typischen Arbeitstag zusammenfanden.

Führungskräfte halten es meist nicht für wichtig, Mitarbeiter der unteren Hierarchieebenen einzubinden

Yushi Zhang von der Yale School of Medicine ist ebenfalls von einer Autismus-Spektrum-Störung betroffen. Sie vergleicht zwei Arbeitnehmer, bei denen sie unterschiedliche Erfahrungen gemacht hat. In der chinesischen Stadt Chengdu arbeitete sie in einem riesigen Großraumbüro für eine Zeitung. Für die meisten Menschen mit Autismus klingt das nach einem Albtraum. Doch Zhang fühlte sich dort wohl. Es war ruhig und durch große Fenster auch hell. Bei ihrem nächsten Arbeitgeber – einer Versicherungsgesellschaft in den USA – vermisste sie das Tageslicht. »Die künstliche Beleuchtung wirkte laut auf mich«, erinnert sie sich. »Sie schien mich geradezu anzuschreien, so dass ich das Gefühl hatte, mir tun die Ohren weh.« Zwar hatte Zhang dort mehr Privatsphäre. Allerdings beschränkte sich der Austausch mit den Kollegen meist auf gelegentlichen Small Talk – was sie als unangenehm empfand (wie andere Autisten). »Wenn man mich fragte, wie es mir gehe, hatte ich keine Ahnung, wie ich antworten sollte«, erinnert sie sich. »Ich stand da und fragte mich: Wollen die wirklich wissen, wie es mir geht?« Nach drei Monaten kündigte sie.

Hansel Bauman und Magda Mostafa arbeiten als Unternehmensberater für die New Yorker Firma MIXdesign, wo sie die Gestaltungsprinzipien für autistische, gehörlose und sehbehinderte Menschen zusammenführen, etwa, indem sie visuelle und akustische Ablenkungen reduzieren. Entlang der Flure empfehlen sie Aufenthaltsräume, in die man sich zurückziehen kann, um kurz durchzuatmen oder um mit einem Kollegen oder einer Kollegin in ablenkungsfreier Umgebung zu kommunizieren. Nicht immer passen alle Wünsche zusammen. Ein hypertransparenter Raum für Gehörlose überreizt Autisten womöglich. Und wenn man einen Flur für Gehörlose verbreitert, damit sie dort mehr Platz haben, um in Gebärdensprache zu kommunizieren, finden sich Sehbehinderte dort vielleicht schwerer zurecht. »Teil der MIX-Philosophie ist es, sicherzustellen, dass man nicht einer bestimmten Gruppe eine Art von Zugang verschafft, die für die andere Gruppe eine Barriere darstellt«, erklärt Mostafa. Vielfalt ist häufig die beste Lösung: Dann ist für jeden etwas dabei.

Bereits beschlossene Sache

Was bei einer Neugestaltung zählt, ist vor allem der Weg dorthin. Die meisten Angestellten, die einen Umbau von Räumlichkeiten schon einmal erlebt haben, haben das Gefühl, die Unternehmensleitung hole ihre Meinungen nicht ein, um sie zu berücksichtigen, sondern um sie von etwas zu überzeugen, das bereits beschlossene Sache ist.

Führungskräfte halten es meist nicht für wichtig, Mitarbeiter der unteren Hierarchieebenen in Veränderungsprozesse einzubinden, so Jennifer Kaufmann-Buhler. Der Design-Historikerin von der Purdue University zufolge glauben viele, sie müssten den Angestellten nur die Illusion geben, einbezogen zu werden. Behindertenvertreter sind anderer Meinung: Ohne uns wird nicht über uns entschieden, lautet ihr Grundsatz. Sollte dieser nicht für alle Angestellten gelten?

Vor allem die Gehörlosengemeinschaft legt großen Wert auf Inklusion. Hansel Bauman beschreibt, was passiert, wenn gehörlose Menschen nach Feierabend etwas trinken gehen. »Als Erstes werden alle Möbel umgestellt. Sie müssen so ausgerichtet sein, dass man sich gegenseitig sehen kann. Jeder macht sich Gedanken um die Lichtverhältnisse und was im Hintergrund zu sehen ist«, sagt er. »Jedes Mal kommt der Barkeeper und regt sich auf, weil alle Stühle verschoben werden.« Bislang haben Bauman und seine Kollegen die »Deaf space«-Prinzipien noch nicht in echten Büros demonstriert. Sie konzentrieren sich auf Schulen und Museen. Sogar diese Institutionen, in denen Barrierefreiheit großgeschrieben wird, müssen Zusatzkosten begründen. Die Designer haben also die Aufgabe, einen langfristigen Nutzen zu demonstrieren. »Das ist wahrscheinlich die größte Herausforderung bei unserer Arbeit«, so Mostafa.

Toledo Devoto ermutigt Unternehmen, die Pandemie als Chance für eine Weiterentwicklung zu nutzen. »Die Annahme, dass es unbedingt ein Büro geben muss, erscheint mir etwas erzwungen«, sagt er. Einige Firmen steigen ganz auf digitales Arbeiten um und pflegen zwischenmenschliche Kontakte auf andere Weise – zum Beispiel während regelmäßiger Mitarbeitertreffen. Zwar könne ein Büro allen die gleichen Arbeitsressourcen bieten, erklärt Toledo Devoto. Doch es gibt andere Möglichkeiten, für gerechtere Verhältnisse zu sorgen. So finanzieren manche Betriebe ihren Mitarbeitern den Internetanschluss und ergonomische Bürostühle für die Heimarbeit – einige US-Bundesstaaten schreiben das sogar vor.

Bauman sieht in den derzeitigen Veränderungen der Arbeitswelt eine große Chance. Wenn Unternehmen weniger Raum benötigten, könnte man Büros in Wohnungen verwandeln, die die Angestellten auch für die Heimarbeit nutzen könnten. Die Umgestaltung sollte nach einem inklusiven Konzept erfolgen, mit viel natürlichem Licht, leiseren Lüftungsanlagen und vor allem nach dem Prinzip der Vielseitigkeit. Es gäbe dann sowohl offene Bereiche als auch Flächen mit eingeschränkten Licht- und Sichtverhältnissen, so Bauman. Zudem gäbe es dort Platz fürs »Co-Working«, wo Menschen sich für Arbeit und Austausch zusammenfinden, sowie Nischen für Menschen mit den verschiedensten Bedürfnissen, darunter solche mit Behinderung.

Ein Gebäude habe das Potenzial, allen gerecht zu werden, ist Bauman überzeugt. Toledo Devoto betont, dass wir nicht wissen könnten, wie wir künftig arbeiten werden. Mit dieser Ungewissheit müsse man leben und sich aufs Ausprobieren einlassen. »Mit unserer Planung ist es wie mit dem Licht der Sterne«, sagt er. »Wir schauen in die Vergangenheit.« Und können nur hoffen, dass wir bisherige Fehler nicht wiederholen.

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  • Quellen

Bernstein, E. S., Turban, S.: The impact of the open workspace on human collaboration. Philosophical Transactions of the Royal Society B 373, 2018

Bodin Danielsson, C., Theorell, T.: Office employees’ perception of workspace contribution: A gender and office design perspective. Environment and Behavior 51, 2018

Johnson, K. E.: The office environment people prefer. AIA Journal 53, 1970

Oommen, V. G. et al.: Should health service managers embrace open plan work environments? A review. Asia Pacific Journal of Health Management 3, 2008

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