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Notstand in Sibirien: Mächtiger Fluss trocknet aus

Auf dem sibirischen Fluss Lena können eigentlich Hochseeschiffe fahren - doch der Wasserstand befindet sich auf einem historischen Tiefstand.
Austrocknende Lena vor Industrieanlage

Der sibirische Fluss Lena gehört nicht nur zu den längsten Strömen der Erde, sondern ist auch so etwas wie die Lebensader Ostsibiriens: Zehntausende Menschen an ihrem Lauf hängen von der Versorgung per Schiff ab. Mittlerweile hängen jedoch hunderte Schiffe im Bereich der Regionalhauptstadt Jakutsk fest, wie die »Siberian Times« meldet. Durch eine anhaltende Trockenheit in diesem Teil Russlands ist der Wasserstand auf das tiefste Niveau seit Beginn der Aufzeichnungen gesunken, so die Zeitung: Statt Wasser zu führen, sind große Teile des Flussbetts trockengefallen, so dass die Schiffe teilweise im Sand stecken bleiben.

Normalerweise gehört die Lena zu den wasserreichsten Flüssen des Landes, doch ihr Wasserstand schwankt im Jahresverlauf beträchtlich. Nach der Schneeschmelze im Mai und Juni kann das Volumen mehr als 20-mal größer sein als im Januar, wenn der Fluss unter der Eisdecke sein Jahresminimum erreicht. Ein zweites Tief erreichen die Pegel zudem am Ende des Sommers. Doch das Niveau 2019 liegt noch einmal 2 bis 2,5 Meter unter dem langjährigen Durchschnitt – mit starken Einschränkungen für die Bevölkerung und die Schifffahrt.

Der Bürgermeister von Jakutsk hat beispielsweise angewiesen, das sandige Flussbett in bestimmten Bereichen auszubaggern, damit mehr vom verbliebenen Wasser in ein städtisches Reservoir fließen kann, das die knapp 300 000 Einwohner versorgt. Damit soll einer Wasserknappheit später im Herbst vorgebeugt werden. Dagegen können derzeit laut der »Siberian Times« keine Wintervorräte in die stromabwärts gelegenen Dörfer gebracht werden, die von dem Wasserweg abhängig sind – er ist in normalen Jahren über tausende Kilometer sogar von Hochseeschiffen befahrbar. Verschärft wurden die Dürre und die Wasserknappheit nach Angaben lokaler Wissenschaftler durch die ausgedehnten Wald- und Moorbrände, die dieses Jahr in Teilen Sibiriens wüteten. Der Rauch verhinderte die Wolkenbildung und damit Niederschläge – und fiel dennoch Regen, floss das Wasser direkt oberflächlich ab, statt von den Moorböden zwischengespeichert und langsam abgegeben zu werden.

Dazu kommt offensichtlich noch ein natürlicher Zyklus: Wenn das Flussbett der Lena durch die mitgeführte Sandfracht flacher wird, dauert es wohl mehrere Jahre, bis diese Materialmassen durch die starken Frühjahrsfluten wieder so weit ausgeräumt sind, dass die Schifffahrt ungehindert stattfinden kann. 1985 habe beispielsweise eine ähnliche, aber weniger extreme Verflachung stattgefunden, so die »Siberian Times«. Damals hätte sich dann auf Grund der typischen Flussdynamik die Lage erst noch verschärft, bevor sich die Zustände wieder besserten.

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