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Trotz Relativitätstheorie: Seltene Art von Gold in Allerweltsmaterial entdeckt

Gemäß der Relativitätstheorie ist diese Form von Gold extrem instabil. Man braucht sehr exotische Bedingungen, um sie in einem Kristall zu binden. Zur Überraschung der beteiligten Fachleute reichen jedoch auch zwei Salze und Vitamin C.
Goldbarren verschiedenen Gewichts vor grauem Hintergrund.
Die goldene Farbe von Gold ergibt sich aus der Relativitätstheorie. Die Elektronen im Gold bewegen sich so schnell, dass sie durch den relativistischen Massenzuwachs deutlich schwerer werden. Dadurch verändert sich ihre Lichtabsorption.

Die Auswirkungen der Relativitätstheorie spielen beim Gold eine besondere Rolle. Sie verleihen dem Metall seine einzigartige Farbe und bestimmen auch seine Chemie. Vor allem sorgen sie dafür, dass Goldatome – anders als das chemisch eng verwandte Kupfer – praktisch nie zweifach positiv geladen vorkommen. Lediglich mit Supersäuren oder unter hohen Drücken bildet dieses so genannte Au(II) exotische, instabile Kristalle. Um so überraschender ist nun die Entdeckung eines Teams um die Chemikerin Hemamala I. Karunadasa von der Stanford University. Wie die Arbeitsgruppe in der Fachzeitschrift »Nature Chemistry« berichtet, entsteht die eigentlich extrem seltene Goldversion aus einer Lösung einiger einfacher Salze in Wasser.

In Wasser ist sie jedoch nicht stabil, sondern ausschließlich in dem sich bildenden grünen Feststoff. Warum ausgerechnet das als Perowskit bezeichnete Material diesen exotischen Zustand stabilisiert, ist noch unklar. Perowskite sind echte Allerweltsmaterialien, die aber wegen ihrer optischen, elektrischen und magnetischen Eigenschaften als Bestandteil von Solarzellen und für andere optoelektronische Anwendungen intensiv erforscht werden. Außerdem bilden Minerale mit Perowskit-Struktur große Anteile im tieferen Erdmantel. Sie haben außerdem den Vorteil, dass sie oft sehr einfach herzustellen sind und eine große Vielzahl von Elementen kombinieren können. Einzige Bedingung: Sie enthalten zwei unterschiedlich große Typen von Metallen sowie ein negativ geladenes Ion, das mit beiden interagiert.

In diesem Fall sind das Chlorid, Cäsium und Gold – Letzteres ist jedoch in zwei Varianten enthalten, dem gewöhnlichen, dreifach positiven Au(III) sowie dem sehr exotischen Au(II). Die Struktur entsteht, wenn man Cäsiumchlorid, Goldchlorid, Salzsäure und Ascorbinsäure – Vitamin C – in Wasser mischt. »Wir können das Material im Labor bei Raumtemperatur aus ein paar einfachen Zutaten herstellen«, sagt der beteiligte Forscher Kurt Lindquist laut einer Pressemitteilung der Universität. »Wir bekommen dann ein Pulver, das dunkelgrün, fast schwarz ist und überraschend schwer, wegen des enthaltenen Goldes.«

Dabei überträgt das Vitamin C ein Elektron auf das Gold. Das ist deswegen überraschend, weil relativistische Effekte Gold eigentlich daran hindern, die zusätzliche negative Ladung aufzunehmen. Schwere Atome wie Gold haben Atomkerne mit sehr hoher positiver Ladung – durch die starke Anziehungskraft weisen die Elektronen Geschwindigkeiten auf, die sich der Lichtgeschwindigkeit annähern. Dadurch werden sie schwerer und die inneren Elektronen rücken näher an den Atomkern heran. Sie schirmen die Ladung des Kerns stärker ab, so dass die äußeren Elektronen, die das chemische Verhalten bestimmen, schwächer gebunden sind.

Dieser Effekt führt einerseits dazu, dass Gold nicht silbrig ist wie die meisten Metalle, sondern blaues Licht stärker absorbiert. Deswegen erscheint es gelb. Andererseits kann es weniger Außenelektronen halten als die chemisch verwandten Metalle Kupfer und Silber, so dass es im oxidierten Zustand bevorzugt dreifach positiv geladen ist statt ein- oder zweifach. Das Team um Karunadasa will nun die Eigenschaften des ungewöhnlichen Au(II) weiter untersuchen. Da zwei verschiedene Zustände des Golds enthalten sind, zwischen denen Elektronen hin und her hüpfen können, hofft die Arbeitsgruppe, dass diese und ähnliche Materialien besondere magnetische und elektrische Eigenschaften haben.

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