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Pflanzenschädlinge: Sind bald die Bananen alle?

Wer gern Bananen isst, muss wohl bald tiefer in die Tasche greifen – oder findet gar leere Regale vor. Ein Pilz droht, die Ernte unserer wichtigsten Lieferanten zu vernichten.
Reife Bananen am Baum, im Hintergrund Bananenblätter.

Der gefürchtete Bananenschädling Fusarium oxysporum f. sp. cubense Tropical Race 4 (TR4) hat die Anbaugebiete Lateinamerikas erreicht. Bisher war der Kontinent frei von der unaufhaltsamen Seuche, die schon Bananenernten auf den Philippinen, in China, Australien und in afrikanischen Staaten vernichtete. Ein Team um Fernando García-Bastidas von der University of Wageningen wies den Pilz 2019 in Kolumbien auf zwei Plantagen im Anbaugebiet Departamento La Guajira nach. Vermutlich hat sich der Pilz aber schon vor Monaten in kolumbianische Bananenpflanzen eingeschlichen. Bereits seit Jahren fürchteten Forscher und Bananenzüchter den Einzug des Fusarium-Stammes nach Lateinamerika.

Mittlerweile bestätigte das kolumbianische Agrarinstitut (ICA) auch den TR4-Befall von Bananenfarmen in der karibischen Küstenregion. In Anbetracht der drohenden Bananenseuche rief das kolumbianische Institut einen nationalen Notstand aus. Der Bananenexport ist für die Wirtschaft vieler Länder Lateinamerikas und der Karibik enorm wichtig. Jährlich werden etwa 13 Millionen Tonnen verschifft und ausgeflogen. Ein großer Teil davon geht nach Europa. In einem Informationspapier erklärt der Deutsche Fruchthandelsverband (DFHV), TR4 bedrohe das mit Abstand bedeutendste Herkunftsgebiet von Bananen für den europäischen und nordamerikanischen Markt.

Bananenplantage | Noch tragen die Stauden jede Menge Früchte. Doch der Bananenanbau ist durch den Schädling TR4 massiv gefährdet.

Deutschland bezieht 99 Prozent seiner Früchte aus Mittel- und Lateinamerika, mehr als ein Drittel davon stammte im letzten Jahr aus Kolumbien. Damit könnte nun Schluss sein, denn TR4 schlägt schonungslos zu – und ist gegen gängige Fungizide resistent. Ein weiterer wichtiger Grund für den Erfolg des Schädlings ist die genetische Einfalt seiner Wirtspflanze. 95 Prozent der weltweit angebauten Bananen gehören zur Sorte Cavendish und sind somit genetisch identisch. Bei diesen Pflanzen hat der heimtückische Pilz leichtes Spiel: Er dringt in die Wurzelspitzen der Bananenpflanze ein, verwächst mit ihrem Gefäßsystem und sorgt dafür, dass die Pflanze verwelkt und keine Früchte mehr trägt. Der DFHV befürchtet »dass in absehbarer Zeit keine Bananen der Sorte Cavendish für den deutschen Markt mehr zur Verfügung stehen werden«. Das heißt auch, dass es hier zu Lande vielleicht bald gar keine Bananen mehr gibt, denn 90 Prozent der Früchte in unseren Regalen gehören dieser Sorte an.

Dabei ist die Cavendish schon so etwas wie eine Banane 2.0. Ihre Vorgänger-Version Gros Michel fiel bereits in den 1960er Jahren einem Verwandten von TR4 zum Opfer. Die von dem Fusarium-Stamm TR1 verursachte Panama-Krankheit fegte vor allem über die Bananenplantagen Mittelamerikas. Gegen diesen Pilzstamm kann sich die Cavendish-Banane verteidigen – nicht so gegen TR4. Neue, TR4-resistente Sorten zu züchten, ist leider nicht so einfach. Denn die Bananenpflanze vermehrt sich über Rhizome – eine Art Ableger, die seitlich aus der Mutterpflanze herauswachsen. Setzt man diese in die Erde, entsteht eine genetisch identische Tochterstaude. Vielleicht kann die CRISPR-Cas-Technologie in Zukunft Abhilfe schaffen. Einem Team um James Dale von der Queensland University of Technology ist es bereits gelungen, zwei TR4-resistente Carvendish-Linien herzustellen. Die Pflanzen, die mit je einem zusätzlichen Gen ausgestattet waren, blieben bei einem dreijährigen Feldtest von dem Pilz verschont. Auch andere Arbeitsgruppen arbeiten an Methoden, um TR4-resistente Bananen herzustellen. Bisher werden diese jedoch noch auf keiner Plantage angebaut.

Für Menschen ist der Schädling ungefährlich. Der Pilz überträgt sich hauptsächlich über das Erdreich auf die Wurzeln und andere Pflanzenteile, aber nicht auf die Früchte. Bananen von TR4-befallenen Stauden können also bedenkenlos verzehrt werden – solange sie welche hervorbringen. Darum will Kolumbien auch weiterhin Bananen exportieren. Um zu vermeiden, dass sich der Schädling über kontaminierte Container oder Gegenstände verbreitet, hat das Land strengere Kontrollen und Desinfektionsanlagen eingeführt. Außerdem setzt die ICA Drohnen ein, um pilzbefallene Pflanzen möglichst früh auf den Plantagen zu erkennen. Die einzige Möglichkeit, TR4 einzudämmen, besteht darin, die befallenen Flächen zu roden und dort keine Bananen mehr anzupflanzen.

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