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Spanien: Die ältesten Sandalen Europas

Das Schuhwerk aus Pflanzenfasern ist gut 6200 Jahre alt. Damit sind die Sandalen aus einer spanischen Höhle die ältesten ihrer Art in Europa. Doch Funde von Körben reichen sogar bis in die Zeit der Jäger und Sammler zurück, bis vor 9500 Jahren.
Steinzeitschuhwerk
Die Überreste der 6200 Jahre alten Sandalen sehen ein bisschen wie moderne Espadrilles aus und wurden ähnlich wie diese aus Pflanzenfasern hergestellt. Es gab zwei Arten mesolithischer Sandalen: einfache (rechts) und solche mit einem dicken Kern (Mitte). Links ist ein Holzhammer abgebildet, der sich ebenfalls in der Fledermaushöhle fand.

Holz, Leder, Leinen – in der Steinzeit bestanden zahlreiche Gegenstände aus leicht vergänglichen Materialien, die meist die Jahrtausende nicht überdauert haben. Doch einige Ausnahmefunde bezeugen, dass die Jäger und Sammler sowie frühen Bauern Europas längst nicht nur Stein- und Knochengeräte schwangen. So haben Fachleute um den Prähistoriker Francisco Martínez Sevilla von der Universidad de Alcalá geflochtene Körbe, Matten, Schnüre und Sandalen aus der Cueva de los Murciélagos (Fledermaushöhle) in Südspanien untersucht. Sie fanden heraus, dass es sich bei dem Schuhwerk aus der Zeit um 4200 v. Chr. um die ältesten bekannten Sandalen Europas handelt. Deutlich älter seien gut erhaltene Körbe, die Martínez Sevilla und seine Kollegen um 7500 v. Chr. datieren, wie die Arbeitsgruppe in der Fachzeitschrift »Science Advances« berichtet.

Im 19. Jahrhundert hatten Bergmänner die Cueva de los Murciélagos entdeckt und waren dort auf dutzende Tote gestoßen, die durch das trockene Höhlenklima natürlich mumifiziert worden waren. Ebenso fanden sie Korbwaren und Holzgeräte zusammen mit Keramik, Schmuckmuscheln, Stein- und Knochenwerkzeugen. In den 1970er Jahren dann ergaben 14C-Datierungen, dass einige der Korbobjekte bis ins Neolithikum zurückreichen, ungefähr in die Zeit von 5200 bis 4850 v. Chr.

Die Gruppe um Martínez Sevilla hat nun 76 jener Fundstücke erneut untersucht, von denen die meisten aus Halfa- oder Espartogras (Stipa tenacissima) geflochten wurden, lediglich einige bestehen aus Holz oder Schilf. 14 Objekte datierten die Fachleute mit Hilfe der Radiokarbonmethode und konnten sie so zwei Zeiträumen zuordnen: einer Phase von etwa 7500 bis 7000 v. Chr. und einer von ungefähr 5200 bis 4200 v. Chr. Damit stammt ein Teil der Funde aus dem Mesolithikum, als Jäger und Sammler die Iberische Halbinsel bewohnten. Die übrigen Objekte sind hingegen jungsteinzeitlich – Abkömmlinge der ersten Bauern in Europa hatten sie gefertigt, die im Süden der Iberischen Halbinsel ungefähr um 5500 v. Chr. eingetroffen waren.

Steinzeitkörbe | Neue 14C-Datierungen ergaben, dass die Körbe aus der Höhle in die Zeit der iberischen Jäger und Sammler gehören. Sie sind ungefähr 9500 Jahre alt. Die Muster fertigte man aus gefärbten Halmen, in die teils menschliches Haar eingearbeitet wurde.

Als früheste Funde aus der Fledermaushöhle stellten sich Faserreste und drei sehr gut erhaltene Körbe heraus. Die ungefähr 9500 Jahre alten Flechtarbeiten hatte man aus getrockneten Pflanzenfasern gefertigt. Laut Martínez Sevilla und seinen Kollegen nutzten die mesolithischen Menschen dafür nur getrocknete Gräser, die wohl erst für die Verarbeitung gewässert und so flexibler gemacht wurden. In der Jungsteinzeit hingegen hatte man die Blätter des Halfagrases teils flach geklopft, teils aber auch natürlich belassen und mit diversen Flechttechniken verarbeitet. Schnüre und Sandalen bestehen stets aus geklopften Pflanzenfasern. Das habe das Material geschmeidiger gemacht, »was womöglich direkt mit der Funktion [der Schuhe] zusammenhängt, da sie flexibel und angenehm zu tragen sein sollten«, schreiben die Fachleute in ihrer Studie. Vermutlich hatte man die Sandalen mit Schnüren am Fuß befestigt – und dabei einen Riemen zwischen großer und zweiter Zehe durchgeführt, einen weiteren um das Sprunggelenk gelegt.

Warum die Objekte die Jahrtausende derart wohlbehalten überdauert haben, konnten die Fachleute ebenfalls aufklären: Die Fledermaushöhle liegt im Hang einer tiefen Schlucht, durch die stetiger Wind bläst. Der Luftzug trocknet die Höhle aus und kühlt sie permanent ab. Damit herrschen dort hervorragende Bedingungen für den Erhalt organischer Stoffe.

Ähnlich altes Schuhwerk wie aus der Cueva de los Murciélagos entdeckten Archäologen auch anderswo in Europa – beispielsweise in einer Höhle in Armenien: Dort fand sich ein zirka 5500 Jahre alter Schuh aus Leder und Gras. Auch bei der Gletschermumie Ötzi sammelten Forscher Schuhe auf. Diese bestanden innen aus einem Netz von Lindenbastschnüren und außen aus Hirschleder. Zur besseren Isolierung hatte Ötzi zusätzlich Gras in seine Schuhe gestopft.

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