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Wetter: Über der Antarktis kündigt sich ein seltenes Phänomen an

Seit Wochen erwärmt sich die Stratosphäre über der Antarktis - setzt sich der Trend fort, könnte es das Wetter der Südhalbkugel stark beeinflussen.
Windiges Wetter in der Antarktis

Seit Anfang September 2019 beobachten australische Meteorologen einen seltsamen Trend in der hohen Atmosphäre über der Antarktis: In der Stratosphäre – die sich in der Antarktis in etwa acht Kilometer Höhe an die Troposphäre anschließt – stiegen die Temperaturen um bislang fast 40 Kelvin und damit außerordentlich stark: Es kommt momentan also nach Ansicht der Wissenschaftler zu einer plötzlichen Stratosphärenerwärmung, auch als Berlin-Phänomen bezeichnet. Setzt sich der beobachtete Trend fort, könnte es zum stärksten Ereignis dieser Art auf der Südhalbkugel kommen, das man bisher aufgezeichnet hat.

Für Australien könnte dies bedeuten, dass der östliche Teil des Kontinents in den nächsten drei Monaten von heißen und trockenen Winden beeinflusst wird und sich auf eine Dürre einstellen muss. Das legt zumindest ein mittelfristiges Wettermodell nahe, wie »Nature« unter Berufung auf die australische Wetterbehörde berichtet.

Verglichen mit der Nordhalbkugel, wo es durchschnittlich alle zwei Jahre zu einer derartigen plötzlichen Stratosphärenerwärmung kommt, treten sie über der Antarktis nach derzeitigem Wissen sehr selten auf. Das erste solche Ereignis auf der Südhalbkugel wurde 2002 registriert und überraschte Atmosphärenforscher, weil sie zuvor hier keines erfasst hatten.

Das Berlin-Phänomen tritt vorwiegend gegen Ende des Winters auf, wenn große Gebirge oder der starke Gegensatz zwischen den ausgekühlten Landmassen und den relativ warmen Ozeanen dafür sorgen, dass so genannte Rossby-Wellen entstehen, riesige atmosphärische Störungen, die bis in die Stratosphäre reichen können. Sie komprimieren quasi die Luft über den Polen und sorgen so dafür, dass sich diese stark aufheizt.

Durch den Druck verlangsamen sich die normalerweise vorhandenen starken stratosphärischen Winde, der polare Jetstream, und kehren sich sogar um: Statt der Westwinde herrschen dann östliche Strömungen vor – und das führt dazu, dass sich vorhandene Wettermuster umkehren und beispielsweise arktische (oder antarktische) Luftmassen nach Süden ausbrechen.

Beim gegenwärtigen Ereignis haben sich die Luftströmungen noch nicht umgekehrt, ihre Geschwindigkeit ist allerdings deutlich zurückgegangen. Die Meteorologen beobachten deshalb die weitere Entwicklung mit Spannung; neben der Hitzewelle in Australien könnte es Kaltlufteinbrüche in Tasmanien, auf der neuseeländischen Südinsel oder an der Südspitze Südamerikas geben.

Einen weiteren Nebeneffekt hat die stratosphärische Erwärmung außerdem: Sie sorgte dafür, dass ozonreiche Luft über der Antarktis einströmen konnte. Dadurch verlangsamte sich der Abbau der Ozonschicht über dem Südpol, der üblicherweise im Frühling der Südhalbkugel einsetzt. Und das ist so schlecht auch nicht.

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