Anders als Bakterien können Viren sich nicht aktiv bewegen und kommen daher für gewöhnlich nur per Zufall mit neuen Wirtszellen in Kontakt. Einen deutlich schnelleren Verbreitungsweg hat allerdings eine Unterart der Pockenviren für sich entdeckt: Sie bringen die von ihnen infizierten Zellen dazu, an ihrer Oberfläche sprungfederartige Moleküle zu produzieren. Andere Viren nutzen anschließend diese Mini-Katapulte, um sich möglichst weit zu verteilen und noch nicht befallene Zellen zu erreichen. Von dieser Entdeckung berichten Mediziner um Geoffrey Smith vom Imperial College in London.
Virenausbreitung durch Aktinschleudern | Vaccinia-Viren (grüne Punkte) beschleunigen die Infektion neuer Zellen. Eine frisch infizierte Zelle produziert unter dem Befehl des Erregers die Proteine A33 und A36 und baut sie in die Zelloberfläche ein. Geraten die Proteine in Kontakt mit neuen Viren, so induzieren sie die Ausbildung eines fadenförmigen Aktinkomplexes, der die Viren fortschleudert.
Den Ausgangspunkt bildeten Messergebnisse, wonach sich Vaccinia-Viren innerhalb von nur 75 Minuten eine Zelllage weit ausbreiten können; schon eine einzige Vermehrungsrunde des Virus in einer Zelle dauert aber rund viermal so lange. Smith und seine Kollegen konnten zeigen, dass die beschleunigte Verbreitung von zwei Proteinen abhängt. Sie werden unter viralem Befehl in die Oberfläche infizierter Zellen eingebaut und markieren diese als bereits besetzt. Außerdem lösen sie beim Kontakt mit einem Virus das rasche Ausstülpen von Aktinfilamenten aus, die den Erreger von der Zelle fortschleudern. Die Forscher vermuten, dass andere Virustypen wie etwa Herpes simplex ähnliche Strategien nutzen, um sich schnell auszubreiten. Womöglich bietet das einen Ansatzpunkt für neue Wirkstoffe gegen diese Erreger.
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