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Weltraumschrott: Die Raumfahrt hinterlässt Spuren in der Stratosphäre

Wenn Raketen und Satelliten zurück zur Erde stürzen, verglühen sie in der Atmosphäre. Dabei bleiben unzählige Metallpartikel zurück, die langfristige Auswirkungen haben könnten.
Blick auf die Erdatmosphäre aus dem All
Die Auswirkungen der Raumfahrt auf die Atmosphäre könnten bedeutender sein als bislang gedacht.

Selbst einem der entlegensten Orte der Erde – der Stratosphäre – drückt die Menschheit ihren Stempel auf. Eine Forschungsgruppe um Daniel Murphy von der US-amerikanischen Umweltbehörde NOAA (National Oceanic and Atmospheric Administration) hat in einer Höhe von knapp 19 Kilometern über dem Erdboden erhebliche Mengen von Metallpartikeln nicht natürlichen Ursprungs entdeckt. Diese stammen höchstwahrscheinlich von Raumfahrzeugen und ausgedienten Satelliten, die beim Wiedereintritt in die Atmosphäre verglüht sind. Solche Rückstände könnten die Atmosphärenchemie verändern und damit langfristig Auswirkungen auf das Leben auf der Erde haben, schreibt das Team im Fachmagazin »PNAS«.

Täglich dringen hunderte Meteoriten in die Erdatmosphäre ein und bringen eine Vielzahl von Metallen und anderen Elementen mit. Auch Vulkane schleudern Partikel in die Stratosphäre. Doch die natürlichen Quellen werden zunehmend von den Falcon-, Ariane- und Sojus-Raketen übertroffen, die Raumsonden und Satelliten ins All befördern und anschließend wieder zurück auf die Erde stürzen. Die Forscherinnen und Forscher von der NOAA konnten in ihren Proben mehr als 20 metallische Elemente in einem Verhältnis nachweisen, das den in Raumfahrzeugen verwendeten Legierungen entspricht. Die Masse an Lithium, Aluminium, Kupfer und Blei überstieg die erwartbare Menge deutlich. Darüber hinaus wurden auch einige Elemente identifiziert, die normalerweise nicht in Meteoriten vorkommen, aber in Metallen von Raumfahrzeugen häufig zu finden sind, wie etwa Niobium. Rund zehn Prozent aller Schwefelsäurepartikel in der Stratosphäre mit einem Durchmesser von mehr als 120 Nanometern – die zum Schutz und zur Pufferung der Ozonschicht beitragen – enthielten Spuren solcher Metalle.

»Wir konnten diese von Menschen geschaffenen Materialien in einem Bereich der Atmosphäre nachweisen, den wir bislang für unberührt hielten«, sagte Dan Cziczo, Koautor und Leiter der Abteilung für Erd-, Atmosphären- und Planetenwissenschaften am Purdue College of Science laut einer Pressemeldung seiner Universität.

Der Weltraumschrott nimmt zu

Die Wissenschaftler schätzen, dass im Jahr 2030 bis zu 50 000 weitere Satelliten die Erde in niedrigen Umlaufbahnen umkreisen werden. Diese müssen nicht nur mit Raketen dort hochgeschickt werden, sondern sie kommen am Ende ihrer Lebenszeit auch alle wieder herunter. Somit wird auch der Metallgehalt in der Stratosphäre weiter ansteigen. Bisher hätten sich die Gefahrenabschätzungen von Raketenstarts stets auf größere Teile konzentriert, die wieder auf dem Erdboden auftreffen, merken die Autoren der Studie an. Mögliche Auswirkungen auf die Atmosphäre seien noch wenig erforscht.

Die ausgewerteten Proben stammen aus zwei verschiedenen Forschungsprojekten. Das Team von Daniel Murphy führte im Rahmen des Airborne Science Program der US-Raumfahrtbehörde NASA Untersuchungen in einer Höhe von 19 Kilometern über dem US-Bundesstaat Alaska durch. Ähnliche Messungen unternahm die Gruppe von Dan Cziczo über dem Festland der Vereinigten Staaten. Beide Gruppen verwenden Messinstrumente, die am Bug eines speziell ausgerüsteten Flugzeugs befestigt sind.

Welche Konsequenzen also könnten die Metallpartikel langfristig haben? »Veränderungen der Atmosphäre sind schwer zu untersuchen und sehr komplex«, sagt Cziczo. Ein möglicher Effekt sei, dass die Partikel als Kondensations- oder Kristallisationskerne für die Eis- und Wolkenbildung dienen. Außerdem können sie die Lichtstreuung und die UV-Durchlässigkeit der Atmosphäre verändern. »Diese Forschung zeigt uns, dass die Auswirkungen der menschlichen Aktivitäten und insbesondere der Raumfahrt auf diese dünne Schutzschicht bedeutend sein können – vielleicht bedeutender, als wir es uns bisher vorgestellt haben.«

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