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Zitieren in der Wissenschaft: Kommen witzige Überschriften besser an?

Ein Wortspiel, ein Witzchen oder geistreiche Komik – angeblich werden wissenschaftliche Studien häufiger zitiert, wenn ihr Titel humorvoll formuliert ist. Ist das wirklich ernst zu nehmen?
Drei Forscher, die gut lachen haben.

In den Titel einer wissenschaftlichen Arbeit einen Witz einzubauen, könnte sich bezahlt machen: Solche Forschungsarbeiten werden womöglich häufiger in anderen wissenschaftlichen Veröffentlichungen zitiert als Studien mit weniger witzigen Überschriften. Zu diesem Ergebnis kommen Forschende, deren Studie bisher nur auf dem Preprint-Server »bioRxiv« erschienen ist und noch nicht von Fachleuten geprüft wurde. Vorab sind manche Kollegen aber nicht davon überzeugt, dass witzige Titel zu mehr Verweisen in Fachaufsätzen führen würden. Ihres Erachtens seien die angeführten Belege nicht belastbar genug.

Hin und wieder tauchen in wissenschaftlichen Arbeiten Witze auf. »Eine Stelle, an der häufig Humor zum Einsatz kommt, ist die Überschrift – doch es gibt nur sehr wenig Fachliteratur darüber, ob das überhaupt eine gute Idee ist«, sagt Studienautor Stephen Heard von der University of New Brunswick im kanadischen Fredericton.

Um herauszufinden, ob ein witziger Titel die Leserschaft eines Artikels und die Zahl der Verweise steigern würde, baten der Evolutionsökologe und sein Team Versuchsteilnehmer, die Überschriften von 2439 Fachartikeln danach zu bewerten, wie komisch sie sind. Die vorgelegten Artikel erschienen in den Jahren 2000 und 2001 in neun Zeitschriften für Ökologie und Evolution. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wählten dazu aus einer siebenstufigen Skala von null (»vollkommen ernste« Titel) bis sechs (»extrem lustige«). Anschließend untersuchte die Forschergruppe, ob es einen Zusammenhang zwischen den Humorwerten und der Zahl der Zitate gab – sie beachteten dazu sowohl Verweise von anderen Fachleuten als auch solche auf eigene Arbeiten.

Eine Auswahl von nahezu unbestritten witzigen Überschriften, die vermutlich nicht Teil der Studie von Heard waren, haben Autorinnen und Autoren der Website »Bored Panda« zusammengestellt.

Das Fazit: Studien mit witzigen Titeln werden nicht so oft zitiert wie ihre Pendants mit ernsten Überschriften. Allerdings hätten Autorinnen und Autoren ihre eigenen Arbeiten, die sie eher lustig betitelten, selbst seltener zitiert. Das Team um Heard folgerte daraus: Wenn Wissenschaftler eine eigene Studie für weniger wichtig erachten, dann vergeben sie eher einen witzigen Titel dafür. »Wir gehen davon aus, dass Autoren, die nicht auf ihre eigenen Arbeiten verweisen, sie im Grunde für nicht so bedeutsam halten«, sagt Heard.

Doch die Forschenden um Heard fanden auch heraus, dass Artikel mit lustigen Titeln tatsächlich von anderen häufiger zitiert werden als solche mit seriösen Überschriften. So wurden Studien, deren Titel die Versuchsteilnehmer mit sechs Punkten auf der Humorskala bewerteten, im Durchschnitt fast doppelt so oft zitiert wie solche, deren Titel nur vier Komikpunkte erhielten.

Ist witzig wirklich besser?

Einige Forschende stimmen diesen Ergebnissen allerdings nicht zu. Ihres Erachtens sei die Zahl der selbst zitierten Paper möglicherweise kein guter Indikator, um die Bedeutung einer Forschungsarbeit zu bemessen. Sich selbst zu zitieren, könnte nämlich mehr Aufmerksamkeit auf Studien lenken, die sonst nur selten aufgegriffen werden, sagt Michael Schreiber. Der theoretische Physiker von der Technischen Universität Chemnitz forscht im Bereich der Bibliometrie. »Das würde ja bedeuten, dass unwichtige Arbeiten mehr Selbstzitate erhalten würden«, sagt Schreiber.

Laut Stefanie Haustein, die an der University of Ottawa über Wissenschaftskommunikation und Bibliometrie arbeitet, gibt es für Forschende eigentlich viele Gründe, auf ihre eigenen Arbeiten zu verweisen. Und häufig würden Wissenschaftler ihr gesamtes Portfolio zu einem bestimmten Thema auflisten, erklärt Haustein, nicht nur die wichtigsten Arbeiten: weil Förderer und Universitäten in der Regel mit der Zahl der zitierten Studien den Impact messen. Und sich selbst anzugeben, könnte die Zitierrate erhöhen.

Nach Ansicht von Vincent Traag von der Universität Leiden wäre es demnach besser, eine Gruppe von Gutachtern zu bitten, die Relevanz eines wissenschaftlichen Artikels zu bewerten. Auch Haustein fügt hinzu, dass sich als Maßstab eher andere Indikatoren eignen, etwa wie oft Artikel aufgerufen oder heruntergeladen wurden.

Wie Haustein und ihr Team zeigen konnten, erhalten Arbeiten mit witzigen Überschriften deutlich mehr Aufmerksamkeit in den sozialen Medien und werden dort häufig geteilt. Allerdings gibt es nur einen schwachen Zusammenhang zwischen Twitter und der Zahl der Verweise. Ein witziger Titel hat also vielleicht keinen Einfluss darauf, ob eine Arbeit zitiert wird, »aber es ist interessant zu sehen, wie Forschende oder sogar die Öffentlichkeit mit wissenschaftlichen Texten umgehen«, sagt Haustein. »Ich finde die Idee [von Heards Studie] jedenfalls großartig.«

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