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Zeitwahrnehmung: Zeit vergeht im Rhythmus unseres Herzschlags

Ob uns Zeit langsam oder schnell vorkommt, ändert sich kontinuierlich. Womöglich hängt die Zeitwahrnehmung von unserem Herzschlag ab. Das könnte auf Blutdrucksensoren in den Gefäßwänden zurückzuführen sein, die Signale an das Gehirn senden und die Zeit verkürzt oder ausgedehnter erscheinen lassen.
Mann steht mit Regenschirm draußen und schaut auf eine große Sammlung von großen Weckern auf einem Feld, die alle unterschiedliche Uhrzeiten anzeigen.
Wie tickt unsere innere Uhr? Womöglich wird unsere Zeitwahrnehmung von jedem Herzschlag beeinflusst.

Erst rast sie unaufhaltsam davon, dann scheint sie stehen zu bleiben: Unsere Empfindung von Zeit ist alles andere als konstant. Fachleute um Irena Arslanova von der University of London berichten, dass sich die Zeitwahrnehmung sogar mit jedem Herzschlag verändert. In einem ersten Experiment lernten 28 Versuchspersonen, die Dauer von zwei visuellen oder zwei akustischen Reizen zu unterscheiden. Ein Stimulus jeden Reizpaares wurde dabei 200 Millisekunden, der andere 400 Millisekunden lang präsentiert. Dann sahen die Probandinnen und Probanden entweder ein Muster oder hörten einen Ton und sollten abschätzen, ob die Länge der Darbietung eher dem kürzeren oder dem längeren Probereiz entsprach. Der Clou: Diese Stimuli wurden jeweils entweder während eines Herzschlags (Systole) oder zwischen zwei Kontraktionen (Diastole) eingespielt.

Während der Systole empfanden die Freiwilligen die Dauer kürzer, als sie eigentlich war; bei der Diastole war genau das Gegenteil der Fall. Rechnerisch ergibt sich durch die Verzerrung in beide Richtungen wieder eine korrekte Einschätzung. Laut den Fachleuten lässt sich das Phänomen womöglich auf Blutdrucksensoren in den Gefäßwänden zurückführen, die Signale an das Gehirn senden: Zwischen den Herzschlägen sinkt ihre Aktivität, dadurch hat das Denkorgan wieder mehr Kapazität für die Verarbeitung anderer Reize. Dieses Mehr an Sinneseindrücken könnte die Zeit ausgedehnter erscheinen lassen.

»Das Muster des Zusammenziehens und Ausdehnens zeigt, wie unsere Zeitwahrnehmung ständig vom inneren physiologischen Zustand beeinflusst wird«, erklärt Irena Arslanova. Eine Forschungsgruppe von der Cornell University in Ithaka (USA) veröffentlichte parallel dazu ein ähnliches Resultat: Sie demonstrierte, dass bei einer niedrigeren Herzschlagrate die Zeit gefühlt langsamer vergeht und schneller, wenn sich der Puls beschleunigt.

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