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Hatschi! Hatschi! Hatschi!: Warum niest man immer dreimal?

Eine Niesattacke nervt, ist aber nützlich. Ob ein »Hatschi!« oder viele: Wir niesen, bis das weg ist, was uns dazu zwingt. In der Regel sind das Fremdkörper, die unsere Nasenschleimhaut reizen. Um sie wieder loszuwerden, niesen wir. Reicht ein einsames Niesen nicht aus, muss eben ein zweites, ein drittes – kurzum: ein zünftiger Niesanfall – herhalten, um unsere Atemwege von den Reizstoffen zu befreien.
Mann niest ins Taschentuch

Warum niesen wir oft dreimal in Folge? Als Erklärung für dreimaliges Niesen haben sich Wissenschaftler eine Theorie zurechtgelegt. Das erste Niesen löst den Fremdkörper von der Nasenschleimhaut. Das zweite Niesen transportiert ihn dann weiter Richtung Nasenspitze, sprich Ausgang, bevor ihn das dritte Niesen endgültig ausstößt. Bedeutet im Umkehrschluss: Wer mit weniger Niesen auskommt, bei dem saß entweder der Auslöser weniger tief oder fest in der Nase; oder aber derjenige niest eben (gleich) ausreichend kraftvoll. Beim Niesen kann die explosionsartig ausgestoßene Luft im Übrigen eine Geschwindigkeit von bis zu 160 Kilometer pro Stunde erreichen. Das schleudert die Niespartikel bis zu 2,5 Meter weit.

Warum niesen manche so oft?

Niesen ist eine natürliche Schutzreaktion unseres Körpers. Von anfallsartigem Niesen sind vor allem Allergiker betroffen, zum Beispiel Menschen mit Heuschnupfen. Auch Epilepsiepatienten können unter Niesanfällen leiden – wenn auch sehr selten. Versucht sich der Körper durch häufiges Niesen hintereinander nicht gerade von einem hartnäckigen Staubkorn zu befreien, geht man in der Regel von einem persönlichen Tick aus.

Vom zarten Hatschi bis zu urgewaltigem Getöse – unser Niesen entfaltet sich in vielerlei Form. Die Mathematik des Niesens ist komplex: Wie sich unser Niesen äußert, hängt von vielen Faktoren ab. Unterm Strich sind aber vor allem Körperbau und Selbstkontrolle entscheidend dafür, wie unser Niesen ausfällt. So niesen wir im trauten Heim deutlich hemmungsloser als in der Öffentlichkeit. Dabei ist es äußerst gefährlich, ein Niesen zu unterdrücken. Immerhin aber: Weil sich unser Niesen willentlich beeinflussen lässt und obendrein rein nerventechnisch äußerst komplex ist, ist seine Bezeichnung als Reflex – dem »Niesreflex«, von dem immer wieder die Rede ist – nichts anderes als ein waschechter Etikettenschwindel.

Was uns zum Niesen bringt?

Niesen hat viele Auslöser: Atemwegsinfekte (wie eine Erkältung), Allergene pflanzlicher oder tierischer Herkunft (wie Pollen oder Hautschuppen), Schadstoffe (wie Dämpfe, Abgase oder Zigarettenrauch), Partikel (wie Staub oder Schimmel) oder schlicht kalte Luft. Ein Reiz der Nasenschleimhaut – vermittelt über den Oberkiefernerv (Nervus maxillaris), dem zweiten Hauptast des so genannten Drillingsnervs (Nervus trigeminus), der für die Wahrnehmung im Gesicht verantwortlich ist – zwingt uns zum Niesen. Aber es geht auch anders.

Niesen auf Befehl? Fünf praktische Vorschläge.
Niesen hausgemacht: Diese beiden (leicht überdrehten) Herren üben sich in fünf Selbstversuchen.

Manche Menschen müssen (mehrmals) niesen, wenn sie plötzlich grelles Licht sehen. Photischer Niesreflex oder Sonnenniesen nennt sich das Phänomen. Im Englischen spricht man auch vom ACHOO-Syndrome. »Achoo!«, das angelsächsische Pendant zu »Hatschi!«, steht dabei als Abkürzung für Autosomal Dominant Compelling Helio-Ophthalmic Outbursts of Sneezing. Medizinerhumor vom Feinsten!

Ob Sonnennieser oder nicht: Ausschlaggebend ist das Erbgut. Wie genau das Niesen in diesem Fall zu Stande kommt, ist strittig. Es gibt eine Hand voll Theorien. Die gängigste geht davon aus, dass bei diesen Menschen der Sehnerv (Nervus opticus) ungewöhnlich nah am Drillingsnerv verläuft. Man vermutet eine Art Kurzschluss, wodurch Nervenimpulse auf den Drillingsnerv überwechseln, die ein Niesen auslösen.

Sonnenniesen ist weltweit recht ungleichmäßig verteilt – im Schnitt ist etwa jeder Dritte betroffen. Laut Statistik niesen mehr Frauen als Männer, wenn sie unvermittelt in helles Licht blicken. Außerdem meint man beobachtet zu haben, dass die Sonne häufiger Menschen ein Niesen aus der Nase kitzelt, deren Nasenscheidenwand gekrümmt statt schnurgerade verläuft.

Der Drillingsnerv lässt sich je nach Veranlagung aber auch anderweitig reizen: Etwa indem man seine Nasenhaare trimmt, sich die Augenbrauen zupft oder einfach die Haare kämmt. Manche Menschen überkommt immer dann eine Niesattacke, wenn sie satt sind. Snatiation lautet der englische Begriff dafür, in dem Niesen (Sneeze) und Sättigung (Satiation) miteinander verschmolzen sind und für den es bisher leider keine Übersetzung gibt.

Noch mehr skurrile Niesphänomene gefällig? Bitte schön. Manche Menschen müssen niesen, wenn sie sexuell erregt sind. Der Erklärungsversuch dazu lautet so: Wie unsere Genitalien, so verfügt auch die Nase über erektiles Gewebe, das anschwellen kann. Und bei manchen Menschen schlagen sexuelle Erregungsimpulse eben offenbar auch auf die Nase. Nicht zwingend äußert sich diese ungewöhnliche Art Reizverarbeitung, bei der die Nasenschleimhaut anschwillt, in unkontrollierbaren Niesattacken. Für das erbliche Leiden namens Honeymoon Rhinitis genügt es bereits, während des Geschlechtsverkehrs unter einer verstopften Nase zu leiden. Wie romantisch!

Nicht anschauen. Ehrlich jetzt mal.
Pfui Teufel! Wer diese High-Speed-Aufnahmen gesehen hat, kennt die Physik des Niesens und flüchtet das nächste Mal, wenn jemand zum Niesen ansetzt.

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