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Lexikon der Biochemie: Sekundärmetabolite

Sekundärmetabolite, Substanzen, wie z.B. Pigmente, Alkaloide, Antibiotika, Terpene, usw., die nur in bestimmten Organismen, Organen, Geweben oder Zellen vorkommen und Produkte des Sekundärstoffwechsels sind. Sie unterscheiden sich von den Primärmetaboliten (Produkte des Grund- oder Primärstoffwechsels), die am Energiestoffwechsel, am Wachstum und an den Strukturen aller bzw. mindestens an einer großen Gruppe von Organismen beteiligt sind. Primärmetabolite sind z.B. Intermediate der Glycolyse und des Tricarbonsäure-Zyklus, Aminosäuren und deren biosynthetische Vorstufen, Proteine, Purin- sowie Pyrimidinbasen, Nucleoside, Nucleotide, Nucleinsäuren, Zucker, Polysaccharide, Fettsäuren, Triacylglycerine, u.a.

Viele S. haben keine offensichtliche biologische Funktion. Andere wiederum haben für das Leben der produzierenden Organismen eine grundlegende Bedeutung erlangt (z.B. Pflanzen- und Tierhormone, Tab. 1). Andere sind ökologisch wichtig, indem sie als Lockstoffe (Duft, Farbe), Antifraßmittel und toxische Abwehr- bzw. Angriffsubstanzen fungieren (z.B. die Salamander-Alkaloide, herzwirksame Krötengifte und physiologisch aktive Verbindungen, die von Insekten produziert werden, wie HCN, Ameisensäure, p-Kresol, p-Benzochinon).

Trotz der großen chemischen Vielfalt, werden die S. aus relativ wenigen Vorstufen, wie z.B. Acetat, Shikimat, Isopentenylpyrophosphat, usw., zusammengebaut (Tab. 2), welche gewöhnlich eine Schlüsselposition an einer Verzweigungsstelle des Primärstoffwechsels einnehmen. Die S. von Tieren werden nicht immer vom Organismus de novo synthetisiert, sondern können auch aus der Nahrung stammen. Das Schwalbenwurzgewächs Asclepias curassavica stellt innerhalb seines Gewebes verschiedene herzwirksame Glycoside (z.B. Calotropin) her, die zur Abwehr von Insektenfraß dienen. Diese Substanzen schmecken bitter und wirken toxisch, jedoch haben sich bestimmte Insekten, insbesondere die Raupe des Monarchfalters, an diese Substanzen angepasst und fressen die Pflanze. Die Glycoside sammeln sich während des Fressens an und gehen dann in die Gewebe des erwachsenen Falters über. Wenn ein Vogel diesen Falter frisst, rufen die bitteren Herzglycoside Erbrechen hervor. Danach meidet er diese Falter, die er an ihren typischen Flügelmustern erkennt. Nicht nur die Herzglycoside, sondern auch die Flügelfarbstoffe des Falters stellen S. dar. Darüber hinaus haben auch andere Falter, die diese Herzglycoside nicht enthalten, einen Schutz vor dem Angriff des Vogels erreicht, indem sie Flügelmuster und -färbungen entwickelten, die dem Monarchfalter ähneln (Coevolution). Auf diese Weise sind S. eng mit komplizierten ökologischen Wechselwirkungen verknüpft. In multizellulären Organismen werden die S. durch spezifische Organe, Gewebe oder Zellen produziert, die die geeigneten Enzyme enthalten. Gewöhnlich werden sie nur während bestimmter Entwicklungs- oder Differenzierungsstadien des Organismus bzw. der Zelle hergestellt.

Die meisten der bekannten S. werden von Pflanzen synthetisiert. Es wurden über 5.000 Pflanzenalkaloide identifiziert, im Vergleich zu 50 tierischen Alkaloiden. Der Unterschied hängt wahrscheinlich mit dem Ausscheidungsstoffwechsel zusammen. Tiere sind in der Lage, die End- und Nebenprodukte des Stoffwechsels aus ihrem Körper auszuscheiden, während Pflanzen die metabolische Stoffausscheidung anwenden, d.h. die Produkte in Vakuolen, Zellwänden und (lipophile Substanzen) in speziellen Ausscheidungszellen oder -räumen (etherische Ölzellen, Harznester, usw.) akkumulieren. Die Synthese- und Anreicherungsorte sind oft voneinander verschieden. Bei Tieren werden die S. gewönlich in speziellen Organen gespeichert (z.B. werden Salamander-Alkaloide und Krötengifte in Hautdrüsen gespeichert). Sie können aber auch in den Körperflüssigkeiten (z.B. befindet sich Cantharidin bei Insekten in der Lymphe) oder in Haaren und Haut (z.B. Melanine) vorhanden sein.

Sekundärmetabolite. Tab. 1. Biologische Funktionen von Sekundärprodukten.

Funktion Beispiele
• intrazelluläre Effektoren Botenstoffe
• interzelluläre Effektoren Pflanzen- und Tierhormone, neuroendokrine Transmitter
• Effektoren zwischen Organismen Blutpigmente, Blütendüfte, Pheromone, Antibiotika, Insektizide, Phytoalexine, Toxine, Antifraßmittel, Sexuallockstoffe
• Faktoren zur Ausnutzung spezifischer ökologischer Situationen Chelatbildner, z.B. Siderochrome
• Speicherung von Abfallprodukten des Primärstoffwechsels.

Sekundärmetabolite. Tab. 2. Beziehungen zwischen Primär- und Sekundärstoffwechsel.

Primärmetabolite Sekundärmetabolite
Zucker ungewöhnliche Zucker (Amino-, Desoxy- und Methylzucker sowie Zucker mit verzweigten Ketten);
Reduktionsprodukte (Zuckeralkohole, Inositole, Streptidin);
Oxidationsprodukte (Uronsäuren, Aldonsäuren, Zuckerdicarbonsäuren)
Acetat/Malonat Fettsäurederivate (n-Alkane, Acetylenderivate);
Polyketide (Anthracenderivate, Tetracycline, Griseofulvin, Phenolcarbonsäuren von Pilzen und Flechten, Pyridinderivate)
Isopentenylpyro-phosphat Hemiterpene (Isopren);
Monoterpene (iridoide Bausteine etherischer Öle);
Sesquiterpene (Bitterstoffe, Bausteine etherischer Öle);
Diterpene (Bausteine von Harzen, Gibberellinen, Phytol);
Triterpene (Squalen, Sterine, usw.);
Tetraterpene (Carotinoide, Xanthophylle);
Polyterpene (Kautschuk, Guttapercha)
Propionat Methylfettsäuren;
Makrolidantibiotika
Säuren des TCA- und Glyoxylat-Zyklus Alkylcitronensäuren
Shikimatweg der Aromatenbiosynthese Naphthochinone, Anthrachinone, Chinolin- und Chinazolinalkaloide, Phenazine
Aminosäuren Amine, methylierte Aminosäuren, Betaine, cyanogene Glycoside, Senföle, Alkaloide, Glycinkonjugate, Glutamin und Ornithin, S-Alkylcysteinderivate, Dioxopiperazine, Peptide (Penicilline), Hydroxamsäuren
Phenylpropanaminosäuren Zimtsäure, Cumarine, Lignin, Lignane, Flavanderivate, Stilbene, Phenolcarbonsäuren, Phenole, Bausteine der etherischen Öle
Porphyrine Gallenfarbstoffe
Purine methylierte Purine, Purinantibiotika, Pteridine, Benzopteridine, Pyrrolopyrimidine

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